Der Kummer der späten Jahre
Ärger und Affären. Corona hat auch die Feiern zu ihrem 94er aus dem Kalender gestrichen. Elizabeth hat sich zurückgezogen, auch um ein mehr als unerfreuliches Jahr zu überdenken
Ob er sie wohl noch „Würstchen“nennt? Gelegenheit dazu hat der 98-jährige Philip in diesen Tagen noch ein- und vielleicht das letzte Mal. Und es ist seltsamerweise der Corona-Epidemie zu verdanken, dass Elizabeth und ihr Lebensmensch wieder Wohnort und Alltag teilen. Philip hatte sich vor zwei Jahren von allen herrschaftlichen Verpflichtungen losgesagt und sich auf ein Landschloss im Norden Englands zurückgezogen. Dort soll sich der inzwischen recht gebrechliche Freund des rustikalen Humors dem Malen und historischen Büchern gewidmet haben.
Wieder vereint
Doch als sich Elizabeth – auch sie gehört mit 93 zur Risikogruppe – nach Schloss Windsor in den selbst verordneten Hausarrest zurückzog, ließ sie ihren Ehemann per Hubschrauber einfliegen. Jetzt, wie die Illustrierte Gala weiß, seien die beiden nach langer Zeit wieder vereint und würden quasi jede Minute miteinander verbringen.
So wird wohl auch der 94. Geburtstag am kommenden Dienstag, dem 21. April, in kleiner Runde gefeiert werden. Die offiziellen Feiern und Paraden – sie finden wegen des Wetters traditionell erst im Juni statt – sind ja schon jetzt abgesagt.
Zu besprechen gibt es für das seit 73 Jahren verheiratete Paar wohl einiges nach diesem für die Windsors und ihren Familienvorstand ziemlich unerfreulichem Jahr.
Erinnerung an den Krieg
Zuletzt hatte sich die Königin – ganz gegen royale Gepflogenheiten – abseits der jährlichen Weihnachtsansprache an ihre Landsleute gewandt.
Es ging um die aktuelle Krise, und die sonst nicht gerade zur Dramatik neigende Elizabeth erinnerte in bewegenden Worten an jene Krise, in der sie zum ersten Mal zu den Briten gesprochen hatte. Während des Zweiten Weltkriegs, als deutsche Bomber London in Brand schossen, war die damals 14-Jährige im Radio aufgetreten.
Für inzwischen drei Generationen von Briten hat sie dieses Bild von sich bewahrt: Die resolute, ein wenig spröde und sachliche Herrscherin, auf die man sich in jeder Krise verlassen kann.
Resolut hat die Königin ja auch die jüngsten Krisen in der Familie bewältigt. Als Prinz Harry und seine Ehefrau Meghan, genervt von der britischen Klatschpresse, zu Jahresbeginn ihre Verpflichtungen als Royals aufkündigten, machte die Oma ihnen klar, welche Konsequenzen das haben würde: Mit den Verpflichtungen seien auch alle Privilegien perdu. Ein königliches Leben nach eigenem Geschmack werde es nicht geben.
Auch da ist ihr Ehemann ihr treu zur Seite gestanden. Dem Pflichtmenschen Philip gehen die Empfindlichkeiten von Harry und Meghan ohnehin auf die Nerven.
Unterstützung für den Papa kommt auch von Tochter Anne. Das wohl bescheidenste und unprätentiöseste Kind der Queen ermahnte Neffen Harry in einem Interview mit Vanity Fair: „Diese jüngere Generation, die meint, dass sie alles auf ganz neue Weise machen muss. Die sollen bitte nicht das Rad neu erfinden.“
Schlimmster Schaden
Bescheidenheit ist dem zehn Jahre jüngeren Bruder Andrew noch nie gelegen. Der schon immer skandalträchtige Prinz hat mit seiner Freundschaft zu Filmmogul und Sexualverbrecher Jeffrey Epstein den Windsors die schlimmste Rufschädigung seit Jahrzehnten eingebracht. Der Prinz ließ sich von Epstein mutmaßlich minderjährige Mädchen zuführen.
Nach einer angeblich heftigen Krisenkonferenz wurde auch diese Affäre dezent begradigt. Andrew musste sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen und wurde vor allem dazu verdonnert, den Mund zu halten. Auch dieser Familienkrach blieb innerhalb der Palastmauern. Die Queen bewahrte Haltung und erfüllte pflichtbewusst ihre Rolle – so wie stets in ihren knapp 94 Lebensjahren.