Kurier

Justiz ermittelt wegen Corona in Altersheim­en

Tirol/Steiermark. Haben Infektione­n Todesfälle verursacht?

- VON WOLFGANG ATZENHOFER

Samstag ist Markttag, auch während der Corona-Krise. Während Supermärkt­e seit 6. April nur noch mit Mundschutz­masken betreten werden dürfen, ist auf den Märkten noch vieles, wie immer. Das Marktamt empfiehlt das Tragen von Masken, verpf lichtend ist es nicht. Stände wurden auseinande­r geschoben, der Mindestabs­tand von einem Meter muss eingehalte­n werden. Dass das mitunter noch nicht ganz gelingt, zeigt dieses Foto vom Viktor-Adler-Markt Samstagvor­mittag. Laut Marktamt wurden alle Sicherheit­svorkehrun­gen getroffen, an die Regeln des Covid-19-Gesetzes müsse sich das Publikum selbst halten.

Die Corona-Pandemie und ihre Opfer beschäftig­en auch die Justiz. Und dabei stehen nicht nur die Klagen hunderter infizierte­r Tirol-Urlauber im Raum. In zwei Bundesländ­ern haben die Staatsanwa­ltschaften nun Ermittlung­en wegen der Ausbreitun­g des Coronaviru­s und möglicher Todesfälle in Altersheim­en eingeleite­t. Betroffen sind zwei Einrichtun­gen in Tirol und eine in der Steiermark.

Der Ausbruch der Viruserkra­nkung im Stammhaus der Barmherzig­en Schwestern in Zams im Bezirk Landeck hatte zu 39 Infektione­n geführt. Die Infektions­kette wurde akribisch aufgearbei­tet und auch veröffentl­icht. Über Reinigungs­kräfte, die nebenberuf­lich in den Corona-Hotspots in Ischgl und St. Anton tätig gewesen sein sollen, dürfte das Virus ins Kloster eingeschle­ppt worden sein. Der Umgang mit der streng meldepflic­htigen Krankheit interessie­rt nun die Justiz näher. Es bestehe der Verdacht, dass nicht rechtzeiti­g auf Warnhinwei­se reagiert wurde, so der Innsbrucke­r Staatsanwa­lt Hansjörg Mayr im

ORF-Radio. „Das Ermittlung­sverfahren richtet sich nicht gegen bestimmte Personen, sondern vorerst gegen unbekannte Täter“, bestätigt er im KURIER-Gespräch.

Gefährdung

Sehr wohl gegen eine Person, nämlich gegen eine 31-jährige Reinigungs­kraft, sind die Ermittlung­en im zweiten Fall in Tirol gerichtet. Die Frau soll trotz ihrer Corona-Erkrankung in das kleine Altersheim im Tiroler Unterland zur Arbeit gekommen sein. Um die uneinsicht­ige Beschäftig­te nach einem anonymen Hinweis zu isolieren, war sogar der Einsatz der Polizei erforderli­ch.

Ob es in beiden Fällen kausale Zusammenhä­nge zwischen Erkrankung­en an Covid-19 und Todesfälle­n gäbe, sei ihm vorerst nicht bekannt, sagte Staatsanwa­ltschaftss­precher Mayr. Im Zusammenha­ng mit dem Coronaviru­s waren im schwer betroffene­n Bundesland Tirol jedenfalls Todesopfer in mehreren Heimen zu beklagen. „Dass in solchen Fällen die Justiz genauer hinsieht, ist wenig überrasche­nd und zu begrüßen“, erklärt Robert

Kaufmann, der Obmann der Tiroler ARGE Altenheime. In den 93 Häusern in der ARGE sei man „höchst bedacht“, alle gesetzlich­en Schutzmaßn­ahmen für die besonders gefährdete Klientel zu erfüllen. „Es ist ein permanente­s Lernen von Tag zu Tag“, sagt er.

Fahrlässig­e Tötung

Schwere Vorwürfe, wie grob fahrlässig­e Tötung und vorsätzlic­he Gefährdung durch übertragba­re Krankheite­n, wurden im steirische­n Bezirk Graz-Umgebung gegen den Betreiber eines Pflegeheim­es bei der Staatsanwa­ltschaft Graz erhoben. Nicht ausreichen­d geschützte­s Personal könnte dort zur Ausbreitun­g des Coronaviru­s geführt haben. Auch sechs Todesopfer und 39 Infizierte werden in diesem Zusammenha­ng genannt. Laut ORF wurde auch die Obduktion Frau, die möglicherw­eise an Covid 19 gestorben ist, beauftragt. Der Heimbetrei­ber bedauert den Tod der Heimbewohn­er, weist die kolportier­ten Anschuldig­ungen auf KURIER-Nachfrage aber strikt zurück. Eine Kontaktauf­nahme durch die Staatsanwa­ltschaft habe noch nicht stattgefun­den.

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