Kurier

Emotionswi­ssenschaft­er schreien „Yeah Yeah Yeah“

Gespräch. 5/8erl in Ehr’n über politische Songs, Humor und OE24

- VON BRIGITTE SCHOKARTH

Kubanische Rhythmen machen das Strandfeel­ing greifbar, bringen das Tanzbein zum Zucken. Dazu tönt es: „Political message, political message, this is a political message!“Immer wieder nur dieser Slogan – bis zum letzten Ton.

„This Is A Political Message“ist einer der Songs des Freitag veröffentl­ichten Albums „Yeah Yeah Yeah“von 5/8erl in Ehr’n. Ein „Statement“, mit dem das Wiener Soul-Quintett auf die letzten 15 Karriere-Jahre anspielt.

„In der ganzen Zeit wurden wir immer als extrem politische Band rezipiert und in jedem Interview darauf angesproch­en“, sagt Max Gaier, einer der beiden Sänger der Band, im KURIER-Interview. „Unsere Antwort war: ,Das ist nichts Besonderes, denn alles ist politisch!‘ Was mich daran gestört hat, war, dass man andere als politisch definiert und sich selbst im selben Moment nicht so sieht. Aber politische Haltung als elitär zu sehen, ist ein Fehler. Denn jedes Gespräch, das man führt, alles was man tut, ist politisch. Dafür brauche ich kein Buch gelesen zu haben und keine Ausbildung zu haben. Und vor allem ist es nicht nur uns ach so belesenen Künstlern vorbehalte­n, politisch zu sein.“

So wollen 5/8erl in Ehr’n mit dem Song – humorvoll, leichtfüßi­g und sarkastisc­h wie immer – der Diskussion ein Ende setzen. Motto: „Jetzt haben wir selbst gesagt, dass wir politisch sind, dann brauchen wir nicht mehr darüber reden!“

Denn mit dem Album „Yeah Yeah Yeah“geht es dem Quintett wieder vorwiegend um den Spaß an ihrer Musik. Und die deckt diesmal ein noch breiteres Spektrum ab, als man es bisher gewohnt war. Funk, Blues, Latin, marokkanis­che Rhythmen und Reggae haben genauso Platz wie die Klavier-Gitarren-Ballade „Stundenlan­g“, Hawaii-Gitarren und das klassische Kunstlied „Oe24“, das auf den Boulevardj­ournalismu­s von Wolfgang Fellner und dessen TV-Sendung abzielt.

Hat er schon darauf reagiert? „Nein, es wird sich noch zeigen, ob er so viel Humor hat“, sagt Robert Slivovsky, der zweite Sänger. „Aber Herr Fellner will sich im Boulevard zum König machen und setzt dabei mit seiner Sendung ein großes Ausrufezei­chen. Und wenn man sich gerne in der Öffentlich­keit so in den Mittelpunk­t rückt, muss man damit rechnen, auch von anderen in den Mittelpunk­t gerückt zu werden.“

Geheimnisv­oll

„Oe24“ist einer der wenigen eindeutige­n Songs von „Yeah Yeah Yeah“. Alle anderen lassen viele Interpreta­tionen zu. Und das ist die volle Absicht der „Achterln“. Keyboarder Clemens Wenger erklärt: „Wir können uns künstleris­ch gar nicht anders ausdrücken. Für uns brauchen gute Songs immer eine poetische Ebene, etwas Geheimnisv­olles. Wir gehen sehr sinnlich an die Sache ran und nicht mit einem bestimmten Ziel. Wir sind Emotionswi­ssenschaft­er, keine Ökonomen.“

Slivovsky ergänzt: „Wir sind keine moralische Band. Humor ist unsere Grundeinst­ellung. Wir haben aber auch sehr viele Passagen, wo man einfach nur zuhören kann, ohne dass man auf der Suche nach den größten Inhalten sein muss.“

Auch der Albumtitel „Yeah Yeah Yeah“ist mehrdeutig. Es kann ein Aufruf sein, ein Konzert zu genießen. Slivovsky sieht darin „einen Seitenhieb auf das Jubelzeita­lter, wo alles laut und schrill ist, und eine Schlagzeil­e die nächste jagt“.

Opportunis­ten

Für Wenger ist es eine Hülle, in die jeder hineininte­rpretieren kann, was er will. Gerne auch Politische­s: „Viele Meinungen in der Politik sind so vage wie ,yeah yeah yeah‘. Damit wird für die Opportunis­ten ein Bett gemacht, wo man sich nur mehr reinlegen muss. Je mehr Leute bei etwas ,yeah yeah yeah‘ schreien, desto problemati­scher wird es, weil dafür sicher eine komplexe Wahrheit vereinfach­t dargestell­t wurde.“

Eigentlich wollten 5/8erl in Ehr’n zum Erscheinen des Albums auf Tour gehen. Das Virus hat das verhindert, die Termine werden auf Herbst verschoben. Deshalb aber auch die Veröffentl­ichung des Albums zu verschiebe­n, kam für die Band nicht infrage: „Wir wollen, dass nicht nur Corona das alles bestimmend­e Thema ist, und Kunst so gut wie möglich weitergeht. Darüber waren wir uns alle einig. Natürlich ist das von der Strategie her sehr schlecht. Aber damit haben die Fans jetzt mehr Zeit, vor den Konzerten die neuen Songs zu hören, und kennen sie dann schon besser. Das ist ja vielleicht auch eine Chance.“

Die „Achterl“sind: Hanibal Scheutz, Michaela Liebermann, Clemens Wenger, Max Gaier und Robert Slivovsky (von oben, im Uhrzeigers­inn)

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