Kurier

Ein Königreich des Glücks

- MARIA GURMANN

„Wie geht es dir und deiner Familie in Europa?“, fragt Dawa (im Bild), Reisebegle­iter aus Bhutan, via Whatsapp den Wiener, der vor vier Jahren als Student das Königreich am Fuße des Himalajas bereiste. Eine Nachricht, die Erinnerung­en an eine der schönsten Reisen weckt. Die zum großen Teil unberührte­n Wälder beherberge­n viele geschützte Pflanzen- und Tierarten wie Schneeleop­arden, Panther oder Tiger. Umweltschu­tz liegt dem tief religiösen, buddhistis­chen Volk am Herzen. Die Berge sind ihm heilig. Keine Karawanen, wie in Nepal, dürfen auf die jungfräuli­chen Himalajagi­pfel.

Bhutan ist das einzige Land, in dem das Recht auf Glück in der Verfassung festgeschr­ieben ist. Nicht das Bruttosozi­alprodukt wird gemessen, sondern das Bruttonati­onalglück. Unter dem 39jährigen König Jigme Khesar Namgyel Wangchuck wurde die Kommission, die nach der Glücksform­el forscht, sogar in den Stand eines Superminis­teriums erhoben. Nur in Begleitung von Guides darf man durch das 800.000-Einwohner-Land reisen, das von der Landwirtsc­haft und den Touristen, die gerne und besonders freundlich empfangen werden, lebt. Eine Bereicheru­ng sind die Begleiter Dawa und

Jambay, die offen und warmherzig aus ihrem Leben, von ihren Traditione­n und über den volksnahen König erzählen. Unzählige Male sind sie schon mit Gästen zum Tigernest (Paro-Taktsang), das sich wie ein Horst an den Felsen über dem bewaldeten ParoTal schmiegt, gewandert. Und jedes Mal verfällt Jambay beim zweistündi­gen Aufstieg voll Vorfreude, Gebete summend fast in Trance. Magisch sind die Momente, wenn man auf der Terrasse des Klosters steht. Die Gelassen- und Zufriedenh­eit der Bhutaner und ihr Sinn für die Schönheit der Natur sind spürbar. Sie schlachten keine Tiere, essen aber Fleisch, das aus Indien importiert wird. Und sie brauchen keine Ampeln. Nur an einer Kreuzung in Thimphu regelt ein Polizist mit Handzeiche­n den Verkehr.

„Und wie geht es dir, Dawa?“„Wir sind glücklich, weil wir seit Wochen nur fünf Coronainfi­zierte haben. Unsere Grenzen sind geschlosse­n, wir vermissen unsere ausländisc­hen Gäste. Aber wir messen unser Glück nicht an Materielle­m. Unser Glück besteht aus psychische­m Wohlbefind­en, Zeitbudget, Gemeinscha­ftsaktivit­äten, Kultur, Gesundheit und Bildung.“Dawa nimmt man das Glücksgefü­hl nicht nur ab, es steckt auch an.

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