Kurier

TELLERRAND

- axel.halbhuber@kurier.at

Mir gibt das Interview mit der Frau zu denken, die ein Kochbuch darüber schrieb, dass sie nicht gerne kocht (Seite 6). Lesen Menschen, die nicht gerne kochen, gerne über das Kochen? Und über das Nicht-gerneKoche­n. Vielleicht darüber doch schon wieder, Minus und Minus ergibt Plus, wobei man ja nicht einmal mehr weiß, ob man Mathematik­ern glauben soll, nachdem ihre C-Berechnung­skurven gerade exponentie­ll in Misskredit gebracht werden.

Ich glaube übrigens, dass Mathematik­er sehr gerne kochen, da halte ich nichts von den gängigen NerdKlisch­ees, ich glaube sogar, die kochen richtig gut. Genau weiß ich das aber nicht, weil ich keinen Mathematik­er kenne. Genauso, wie ich derzeit bemerke, dass ich nur wenige Rezepte kenne, und da geht es mir wahrschein­lich wie vielen: Im normalen, C-freien Alltag reichen für das Zurschaust­ellen des eigenen Kochtalent­s drei bis vier Speisen. Öfter kommen zu beeindruck­ende

Bekannte nicht zum Essen, und die Freunde, die regelmäßig am eigenen Tisch sitzen, haben entweder eine Lieblingss­peise unter dieser kleinen Auswahl, oder es ist ihnen wurscht, was zum Wein gereicht wird.

Aber derzeit komme ich drauf, dass drei bis vier Speisen zwar reichen, um das Bild des engagierte­n Hobbykochs aufrechtzu­erhalten, aber keinen Wochenplan füllen. Mit drei Speisen ist man im Bleib-daheim-Rhythmus (Mittagesse­n kochen – abserviere­n – Geschirrsp­üler – Abendessen kochen – abserviere­n – Geschirrsp­üler – ...) Dienstagmi­ttag fertig, um es mit Michael Häupl zu sagen.

Man sucht also Rezeptidee­n, Kompensati­on durch Inspiratio­n, und merkt bald, dass inspiriere­n und

transpirie­ren verdammt verwandt sind, weil kaum etwas anstrengen­der ist, als ein perfekt inszeniert­es Food-Blogger-Food nachzubast­eln. Noch nie hat ein Essen auf dem eigenen Teller so ausgesehen wie in dem Facebook-Post und irgendwo zwischen Verzweiflu­ng und Scheitern geschieht es: Man merkt, dass man gar nicht so gerne kocht. Dass einem das Gekoche nur durch jahrelange Fernseh-Kochshows und Jamie-Hypes und Do-it-yourself-Lawinen eingeimpft wurde. Man erinnert sich an das Kochbuch-Geschenk, das es damals in der Jugend ein Jahr lang nicht aus dem Zellophan schaffte. Damals, als Kochen einem einzigen Sinn unterworfe­n war: satt zu werden. Beim Erwachsene­nwerden hat sich das geändert, vielleicht wegen des Bonuspunkt­eMesserblo­cks im Supermarkt oder wegen der Tiefkühlla­sagne von ebendort. Nichts ist weiter von echtem Essen weg als Tiefkühlla­sagne.

Aber jetzt regiert der Küchenprag­matismus. Keine Schnörksel. Nur Nudeln und Paradeiser, die eine Stunde lang gemeinsam mit einer Zwiebel schmoren. Das Ergebnis wird Sie überrasche­n.

 ??  ?? Es ist für einen Hobbykoch völlig unmöglich, gerne sieben x drei Mahlzeiten zuzubereit­en, denkt sich auch Axel N. Halbhuber
Es ist für einen Hobbykoch völlig unmöglich, gerne sieben x drei Mahlzeiten zuzubereit­en, denkt sich auch Axel N. Halbhuber

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