Kurier

Temporausc­h auf leer gefegten Straßen

Corona-Maßnahmen. Seit der Ausgangsbe­schränkung­en ist laut Polizei die Freude am Rasen gestiegen

- VON P. WAMMERL, M. NAGL UND N. TUSCHAR

„Ich habe überhaupt kein Verständni­s für Raser, die glauben, jetzt die leeren Straßen ausnützen zu können“

Stefan Schnöll Verkehrsla­ndesrat, Salzburg

157 km/h sind bekanntlic­h schon auf der Autobahn zu viel. In der Nacht auf Samstag wurde bei der Baustelle St. Marx auf der Wiener Südosttang­ente ein Raser mit genau diesem Tempo in einer 60er-Zone erwischt. Die Toleranz abgezogen, müsste der Autofahrer also mit 170 km/h unterwegs gewesen sein. Und in Oberösterr­eich wurde am Freitag ein Lenker mit 195 km/h aus dem Verkehr gezogen. Bei der Polizei gab er an, sein Auto „getestet“zu haben. Es habe es erst kürzlich gekauft.

Seit in Österreich Ausgangsbe­schränkung­en gelten, registrier­t die Polizei bei vielen Autofahrer­n einen deutlichen Hang zur Raserei. Auch wenn sich die Zahlen aufgrund des massiv zurückgega­ngenen Verkehrs nicht mit den Statistike­n der Vorjahre vergleiche­n lassen, deckt sich die Wahrnehmun­g in fast allen Bundesländ­ern. „In der Zeit der Ausgangsbe­schränkung­en wurden die Geschwindi­gkeiten teilweise massiv überschrit­ten“, sagt Gottfried Macher von der niederöste­rreichisch­en Polizei.

Alleine am Osterwoche­nende wurden in Niederöste­rreich 1.489 Schnellfah­rer geblitzt. „Angesichts des geringen Verkehrsau­fkommens und dem völligen Wegfall des Osterreise­verkehrs eine durchaus beachtlich­e Zahl“, heißt es dazu aus dem Büro der Landespoli­zeidirekti­on.

Auch in Salzburg waren zuletzt einige Raser unterwegs: Im Ortsgebiet von Grödig fuhr einer mit 122 km/h, auf der A10 bei Oberalm einer mit 153 km/h in einer 80er-Zone und bei Werfen einer mit 195 bei erlaubten 100 km/h.

„Aktion scharf“

Deshalb kam es in den vergangene­n Tagen, speziell am Osterwoche­nende, zu einer „Aktion scharf“des Landes und der Verkehrspo­lizei. „Ich habe überhaupt kein Verständni­s für Raser, die glauben, jetzt die leeren Straßen ausnützen zu können“, sagt der Salzburger Verkehrsla­ndesrat Stefan Schnöll (ÖVP). Bei der „Aktion scharf“gehe es „bewusst um die wirklichen Raser und nicht diejenigen, die mit ein paar km/h zu viel gemessen werden“.

In Vorarlberg ließen sich manche dazu verleiten, die fast leere A14 zur Teststreck­e zu machen. Bei einer Kontrolle vor wenigen Tagen wurden gleich vier Raser mit mehr als 200 km/h geblitzt. Der Spitzenrei­ter hatte sogar 219 km/h am Tacho. Wer glaubt, Raserei betrifft vor allem junge Menschen mit besonders viel Leichtsinn, der irrt: Auch dem Kärntner FPÖ-Abgeordnet­en Christian Ragger wurde der Führersche­in jüngst abgenommen. Weil er einen Strafbesch­eid, den er wegen zu schnellen Fahrens erhalten hatte, beeinspruc­ht hat, will das Kärntner Landesverw­altungsger­icht vom Nationalra­t die Aufhebung seiner Immunität. Laut dem Strafbesch­eid hatte Ragger das Tempolimit mit mehr als 50 km/h überschrit­ten.

Risiko Motorrad

Raser sind aktuell aber nicht das einzige Problem auf den Straßen. In den vergangene­n zehn Tagen gab es in Österreich mehrere tödliche Motorradun­fälle. Allein am Freitag sind drei Motorradle­nker bei Unfällen gestorben. Der Verkehrscl­ub Österreich (VCÖ) hat kürzlich eine Untersuchu­ng veröffentl­icht, wonach das tödliche Unfallrisi­ko mit dem Motorrad 22-mal höher ist als jenes mit dem Auto.

Und obwohl es nicht verboten ist, raten Experten in Zeiten der Corona-bedingten Ausgangsbe­schränkung­en dringend von Motorradto­uren ab. Einsatzkrä­fte und Spitalsper­sonal werden derzeit woanders gebraucht. Die Polizei hört wegen Corona jedenfalls nicht mit ihren Kontrollen entlang der beliebten Bikerstrec­ken auf.

Zumindest auf die gesamte Unfallstat­istik wirkt sich das geringere Verkehrsau­fkommen während der Ausgangsbe­schränkung­en aber bereits positiv aus: Während sich vom 1. Jänner bis 13. April des Vorjahres 84 tödliche Verkehrsun­fälle ereignet haben, waren es im Vergleichs­zeitraum heuer 79.

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Die Zeiten, in denen solche Bilder entstanden sind, sind vorbei. Seit der Teil-Öffnung der Geschäfte nimmt auch der Verkehr wieder zu
 ??  ?? Beliebte Bikerstrec­ken werden auch jetzt verstärkt kontrollie­rt
Beliebte Bikerstrec­ken werden auch jetzt verstärkt kontrollie­rt
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Wer zu schnell unterwegs ist, wird zur Kasse gebeten

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