Kurier

Uwe und Familie: Liebe geht durch unsere Smartphone­s

- UWE MAUCH

Zusammenge­schweißt. Meine Tochter möchte ich endlich in meine Arme schließen und mit ihr in die Welt hinausbrül­len: „Nie wieder Römisches Recht!“Mit meinem Sohn möchte ich seit Wochen auf unseren Berg steigen und ihm oben zum 24. Geburtstag gratuliere­n.

Derzeit völlig unmöglich. Derzeit stellt sich die Frage: Werden wir uns zum Geburtstag meiner Frau Ende Juli wiedersehe­n? Oder müssen wir gar auf den Impfstoff gegen das Virus warten?

Am 8. März habe ich mich von meiner Familie in Zagreb verabschie­det. Seither haben wir uns nur via Telefon gehört – und gesehen. Auch wenn wir ein Leben zwischen Abschied und Wiedersehe­n seit mehr als zwanzig Jahren pflegen, auch wenn ich zwischendu­rch für den KURIER „In 80 Arbeitstag­en um die Welt“reiste, die derzeitige räumliche Trennung ist die bisher härteste emotionale Prüfung für uns vier.

Ganz schlimm war es an jenem Sonntag vor vier Wochen, als in der Früh ein Erdbeben die Stadt der Liebsten erschütter­te und meine Tochter am Telefon meinte: „Jetzt sind wir auch zu Hause nicht mehr sicher.“

Die Erde hat sich beruhigt. Und es hat sich bei uns eine Art von neuer Normalität eingestell­t. Wir begrüßen uns in der

Früh. Wir plaudern am frühen Abend. Und wünschen uns vor dem Schlafenge­hen immer eine „Gute Nacht“.

Ich weiß nicht, ob meine Frau und meine Kinder das ähnlich empfinden, Gefühle austausche­n ist beim Videotelef­onieren nicht so einfach, aber ich habe den Eindruck, dass uns die unfreiwill­ige Trennung emotional zusammenge­schweißt hat.

Wir sind bedachter bei dem, was wir uns mitzuteile­n haben. Wir vergessen nie auf das Lachen. Und immer erklären wir uns via Internet, dass wir uns sehr lieb haben. Und dass wir uns schon bald wiedersehe­n werden – gesund.

Getrennt von Frau und Kindern – mein Corona-Blues

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