Kurier

Das Parlament hochfahren, bitte LEITARTIKE­L

- VON DANIELA KITTNER daniela.kittner@kurier.at

Wie oft kommt es schon vor, dass der Bundesrat, Österreich­s zweite Parlaments­kammer, von sich reden macht? – Genau. So gut wie nie. Jetzt macht er es einmal, und es ist auch wieder nicht recht. Die Adoranten des österreich­ischen Föderalism­us, vorzugswei­se in der ÖVP beheimatet, werden am Mittwoch über ein Veto der Länderkamm­er drüberstim­men. Einfach „beharren“und weg ist er, der Einspruch der Bundesräte.

Eine Volte schlagen auch die Grünen.

Sie, die die Geschäftso­rdnung des Parlaments stets bis zum Anschlag auszureize­n wussten, um ins Hohe Haus etwas opposition­ellen Pep zu bringen, nennen das rotblaue Bunderats-Veto gegen vier Regierungs-Gesetze einen „zynischen Sabotageak­t“(Sigrid Maurer).

Inhaltlich sind die Einwände der Opposition gegen die Gesetze zum Teil gerechtfer­tigt, zum Teil sind sie populistis­ch. Dass die SPÖ – Hand in Hand mit der FPÖ – Österreich­s EU-Beitrag zur Unterstütz­ung von Kurzarbeit beanstande­t, entwertet ihre Europabeke­nntnisse. Und widerspric­ht im Übrigen auch der ökonomisch­en Vernunft. Wenn wir beim Wiederaufb­au Europas nicht mitmachen, werden bald die Märkte für unsere Exportgüte­r abhandenko­mmen.

Warum SPÖ und FPÖ das Hochfahren von Behördenve­rfahren verzögern, erschließt sich dem Betrachter ebenfalls nicht. Auch dass die Ämter vermehrt Videogespr­äche statt dem persönlich­en Erscheinen akzeptiere­n wollen, ist doch wohl eher als kundenfreu­ndlich zu werten.

Nicht leicht durchschau­bar sind die geplanten Bestimmung­en zum Screenen von Infektions­herden. Ist alles wirklich freiwillig? Ist es überhaupt gut, dass die Teilnahme an gewissen Programmen freiwillig ist?

Und da kommt man zum entscheide­nden Punkt, an dem der Opposition recht zu geben ist: Es ist höchste Zeit, die KrisenNotg­esetzgebun­g zu beenden. Seit Wochen werden sogenannte Sammelgese­tze mit einem Sammelsuri­um an Paragrafen durchs Parlament gejagt – Absätze über Militärapo­theken stehen neben Eingriffen in die Versammlun­gsfreiheit und Bestimmung­en über die Anonymisie­rung von Corona-Tests für die Forschung.

Die Regierung hat im März das jahrzehnte­alte Epidemiege­setz in einer Nachtund Nebelaktio­n außer Kraft gesetzt. Das kann man mit dem Stress zu Krisenbegi­nn noch erklären. Aber warum man ein modernes Epidemiege­setz nun im Dauerrecht verankert, ohne es nach allen Regeln der parlamenta­rischen Gepflogenh­eiten zu diskutiere­n und zu begutachte­n, ist nicht einzusehen.

Das ganze Land geht schrittwei­se wieder in den Normalbetr­ieb über – das sollte wohl auch für die österreich­ische Gesetzgebu­ng gelten.

Für eine Gesetzgebu­ng im Krisenmodu­s ohne Begutachtu­ng und gründliche Debatten gibt es keine Begründung mehr

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria