Zwischen Schreckmomenten und unerwartetem Boom
Greiner AG. Corona-Krise brachte riesige Nachfrage nach Verpackung
Über einen Mangel an Spannung kann sich Axel Kühner derzeit nicht beklagen. Der Chef der oberösterreichischen Greiner AG, die mit Werken in 34 Ländern der Welt – von Süd- über Nordamerika und Europa bis nach Asien – Schaumstoff und Kunststoffprodukte produziert, hatte seit Beginn der Corona-Krise einige kritische Situationen zu meistern.
Anfang März zum Beispiel: Indien stoppte den Export von wichtigen medizinischen Produkten. Dazu gehörten auch Gummipfropfen für Plastikkanülen. Und genau diese Pfropfen bezog die Greiner AG regelmäßig aus Indien, um sie auf die in seinen Werken erzeugten Plastikröhrchen, die in Labors benötigt werden, aufzusetzen. „Wir mussten eiligst einen alternativen Lieferanten suchen, denn gleichzeitig ging die Nachfrage nach diesen Röhrchen enorm in die Höhe“, erzählt Kühner.
USA statt Indien
Der Greiner-Chef hatte für solche Situationen allerdings mit einem internen Krisenstab vorgesorgt. Die Gruppe hatte schon zu Beginn der Pandemie die Lieferketten analysiert, Alternativen überlegt und Notfallpläne erstellt. So konnte auch relativ rasch ein Ersatzlieferant für die Pfropfen gefunden werden. „Jetzt kommen sie aus den den USA statt Indien.“
Aber auch mit näher gelegenen Werken poppten nie geglaubte Schwierigkeiten auf. „Wir produzieren die Plastikdeckel für unsere Joghurtbecher und Margarinebehälter in Serbien, andere in der Schweiz und Tschechien
– in der ersten Woche der Corona-Krise aber gab es plötzlich nur wenige Spediteure“, sagt Kühner. Denn vielen Transportunternehmern fehlten die Fahrer, die aus der Ukraine oder Rumänien stammen. Einige kamen nicht mehr, weil sie nicht wussten, ob sie wieder in ihr Land zurückdürfen. Inzwischen aber hat sich auch dieses Problem wieder reduziert. Die Fahrten funktionieren.
Kühner ist froh, dass sich die Greiner AG schon vor Jahren entschieden hat, auf mehrere Standbeine zu setzen. Nicht nur Schaumstoff – der Ursprung des Unternehmens – sondern auch Kunststoffverpackungen, Medizintechnik
sowie Spezial-Kunststoffteile für die Auto- und Luftfahrtindustrie produziert die Gruppe. „Das hilft uns jetzt in der Krise“, ist Kühner überzeugt.
Während die Nachfrage nach medizintechnischen Produkten und Lebensmittelverpackungen massiv gestiegen ist, ist sie bei Schaumstoff leicht und bei der Auto- und Luftfahrtzulieferung dramatisch eingebrochen. Da hilft auch der niedrige Ölpreis nur wenig. Denn für die Plastikerzeugung spielt er keine so große Rolle, erklärt der Greiner-Chef. Aber dank der Diversifikation konnte Greiner in Österreich jedenfalls Kündigungen
vermeiden. 1.450 der 2.500 Mitarbeiter hierzulande sind in Kurzarbeit. Insgesamt sind von den weltweit 10.700 Beschäftigten der Gruppe 4.000 in einer – je nach Land – bestimmten Art von reduzierter Arbeitszeit.
Schwierige Lockerung
Die aktuelle Phase der allmählichen Reduktion der Einschränkungen ist laut Kühner betriebsintern gar nicht so einfach. Denn weiterhin legt das Unternehmen Wert auf höchste Sicherheitsmaßnahmen: Fiebermessen, Abstand, Masken. Angesichts der rückläufigen Erkrankungszahlen wollen das nicht alle verstehen.