Kurier

„Auf unsere Branche hat man vergessen“

Millionens­chaden durch abgesagte Messen

- KID MÖCHEL

Corona-Krise. Das Coronaviru­s hat die Messebranc­he zum völligen Erliegen gebracht. 40 Messen und 400 Gast-Veranstalt­ungen mussten hierzuland­e abgesagt werden, alleine 46 Events musste der Marktführe­r Reed Exhibition­s streichen. Reed musste rund 250 der 400 Beschäftig­ten in Kurzarbeit schicken. Zwischendu­rch haben die Reed-Mitarbeite­r das Corona-Lazarett in der Messe Wien aufgebaut. Die ReedTochte­r Standout, die ansonsten Messeständ­e baut, fertigt derzeit Covid-Schutzschi­lder vor allem für Kassenbere­iche in Supermärkt­en, Apotheken und Banken.

„Wir haben sehr früh erkannt, dass es da einen Bedarf gibt“, sagt Reed-Chef Benedikt Binder-Krieglstei­n zum KURIER. „Die Covid-Krise bedeutet ein schweres K. o. Es trifft uns massiv. Der Schaden liegt im Bereich eines sehr hohen zweistelli­gen Millionen-Euro-Betrags.“Er sei aber sehr froh, dass man in den vergangene­n Jahren gut gewirtscha­ftet habe und man ein Liquidität­spolster habe, das es ermöglicht, diese Phase jetzt durchzuste­hen.

Ausschüttu­ng gestoppt

„Wir haben die Gewinnauss­chüttungen für 2019 gestoppt und es gibt ein klares Bekenntnis zum Standort Österreich“, sagt Binder-Krieglstei­n. „Wir haben bis November eine gute Liquidität­sdecke, dann wird es schwierig.“

Fakt ist: In Deutschlan­d dürfen ab 1. Juni wieder Fachmessen veranstalt­et werden. In Österreich gibt es ein Veranstalt­ungsverbot bis 31. August. „Die Situation ist aus meiner Sicht untragbar, weil wir nicht wissen, ob wir am 1. September eine Veranstalt­ung aufsperren können“, sagt der Manager. „Auf unsere Branche hat man vergessen. Ich verstehe nicht, dass man Einkaufsze­ntren, den Ikea oder den Hornbach öffnet, Messen aber nicht.“

Dabei ist der gesamte Messeund Kongressto­urismus für eine jährliche Wertschöpf­ung von zumindest 1,5 Milliarden Euro verantwort­lich. Die Messen in Wien bringen jährlich 270 Millionen Euro Wertschöpf­ung, jene in Salzburg 130 Millionen Euro. Der Messeund Kongress-Tourist gibt pro Tag rund 536 Euro aus, das ist mehr als das Doppelte des normalen Touristen.

Ein Gemetzel droht

„Wenn wir es nicht schaffen, im vierten Quartal aufzusperr­en, wird es ein Gemetzel geben. Nicht nur bei den Messeveran­staltern, sondern bei unseren Kunden“, sagt der Reed-Chef.

Viele Unternehme­n würden nicht überleben, weil sie die Messen als Verkaufs- und Marketingp­lattform nicht nutzen können. „Es gibt Kleinund Mittelunte­rnehmen, die erzielen bis zu 50 Prozent des jährlichen Auftragsvo­lumens auf Messen. Für viele bricht ein Verkaufska­nal weg“, sagt der Reed-Chef. Viele der 10.500 Reed-Kunden haben keine großen Marketinga­bteilungen und keine Werbeagent­uren, die für sie arbeiten. Binder-Krieglstei­n: „Wenn uns Kunden unter dem Jahr etwas Außerorden­tliches zu erzählen haben, dann sind wir der Kanal, der hilft, das offline und online zu tun.“

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Die Messe Wien wurde von der Stadt Wien zum Corona-Lazarett umfunktion­iert

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