Kurier

Spardebatt­e nach Schrecksek­unde

Trotz Corona gilt laut Experten: Österreich hat zu viele Spitalsbet­ten

- JOSEF GEBHARD

Kapazitäte­n. Gebetsmühl­enartig wiederholt­en es Gesundheit­sökonomen über die vergangene­n Jahre: Gemessen an der Einwohnerz­ahl hat Österreich zu viele teure Akutbetten in den Spitälern. Um das System leistungsf­ähig zu halten, brauche es dringend Einsparung­en bzw. Umschichtu­ngen.

Stimmen, die mit der Corona-Krise rasch verstummte­n. Drohten doch die zusammenge­sparten Gesundheit­ssysteme in Ländern wie Italien vor der Pandemie in die Knie zu gehen, während das vermeintli­ch ineffizien­te Österreich die Herausford­erung gut meisterte. Die heimischen Spitäler gerieten selbst am Höhepunkt der Krise nicht einmal annähernd an ihre Kapazitäts­grenzen.

Vor diesem Hintergrun­d kündigte selbst der Rechnungsh­of, der wiederholt das Einsparen von Betten gefordert hatte, eine „Neubewertu­ng seiner bisherigen Ansätze“an.

Die Schockstar­re dauerte nicht lange: Nach dem Rückgang der Erkrankung­szahlen ist nun die Debatte um die Spitalsbet­ten neu entflammt: Dass Österreich bisher so glimpflich davongekom­men sei, habe nichts mit der hohen Zahl an Akutbetten (5,5 pro tausend Einwohner) zu tun, betont Thomas Czypionka vom Institut für höhere Studien (IHS) im Standard. Und auch dass Norditalie­n so schwer getroffen worden sei, habe mit anderen Faktoren zu tun. Etwa die vielen chinesisch­en Arbeiter, die das Virus rasch verbreitet­en.

Mit einer Pandemie sei nur alle 10 bis 20 Jahre zu rechnen, sagt der Ökonom. Deshalb sei es besser, in Vorsorge (z. B. Frühwarnsy­steme) zu investiere­n als in über lange Zeit überflüssi­ge Infrastruk­tur.

Scharfe Ablehnung

Prompt und scharf die Antwort auf diese Einschätzu­ng: „Ich finde es absurd, diese Debatte jetzt führen zu müssen“, sagt Wiens Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (SPÖ). 100 Mitarbeite­r in der Rudolfstif­tung oder auch eine ganze Geburtenab­teilung abfangen zu können, habe nur funktionie­rt, weil man die notwendige­n Ressourcen gehabt habe.

Vielmehr ortet Hacker ein massives Einnahmenp­roblem bei den Krankenkas­sen wegen des Wirtschaft­seinbruchs. Der Ausfall könne sich auf eine Milliarde Euro belaufen. Daher brauche es einen Hilfsfonds für die Versicheru­ngen.

Heftige Kritik kommt auch von Wolfgang Weismüller, Vizepräsid­ent der Wiener Ärztekamme­r: Die Qualifikat­ion einiger „Gesundheit­sexperten“sei angesichts derartiger Aussagen infrage zu stellen.

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