Zwischen Narzissen und Wasserfall
Tauplitz. Der Sagtümpel ist die größte Karstquelle des Toten Gebirges
Majestätisch blickt der Gebirgsstock des Grimming auf das Salzkammergutörtchen Tauplitz. Der Schnee leuchtet noch zwischen den Felsflanken herab, während in der Ebene am Rand des Toten Gebirges bereits der Frühling eingezogen ist. Der Narzissenweg führt vom Ortszentrum in einer dreistündigen Rundwanderung zu faszinierenden Naturschauspielen. Die Frühlingspracht mit weißblühenden Narzissen erstreckt sich über die weitläufigen Wiesen, soweit das Auge reicht.
Der Sagtümpel
Wir legen eine Pause ein und laben uns am betörenden Blütenduft. Wir können gut nachvollziehen, dass die Bezeichnung „Narkose“denselben griechischen Wortstamm wie Narzisse hat. Dann lassen wir uns von der Empfehlung des Tauplitzer Hoteliers und Obmann des Wandervereins, Michael Kreuzer, leiten und folgen dem Wanderweg in Richtung „Sagtümpel“, wo wir auf ein weiteres Naturschauspiel treffen. Ein kleiner tiefgrüner Waldsee erwar
tet uns, der von einer unterirdischen Quelle gespeist wird. „Es handelt sich um eine eher seltene vauclusische Riesenkarstquelle, was bedeutet, dass das Wasser aus einem Quellsee von zehn Metern Tiefe aufsteigt“, erzählt der Obmann des Höhlenvereins, Robert Seebacher. Durch diese große Tiefe weist der Quellsee meist klares Wasser auf und erhält dadurch ein mystisches Aussehen. „Der dunkle, schier unergründliche Quelltopf, meist still und ruhig daliegend, dann wieder brodelnd und riesige Wassermassen freigebend, regte schon früh die Fantasie der Menschen an. Die auftauchende
Wassermenge schwankt zwischen fünf und 9.000 Litern pro Sekunde. Sie stammt vom Plateau der Tauplitzalm aus Höhen über 1.700 Metern und tritt fast 700 Höhenmeter tiefer als Quelltopf aus dem Karstgestein ans Tageslicht. Er gilt als die größte Karstquelle des Toten Gebirges“, so Seebacher.
Tauplitzer Wasserfall
Wir folgen dem aus dem Quelltopf entspringenden Sagtümpelbach, der über bemooste Blöcke und Kaskaden in Richtung Süden fließt. Nach einer Fließstrecke von rund 650 Metern mündet er spektakulär
als 30 Meter hoher Tauplitzer Wasserfall in den Grimmingbach. Wir können oben von einem Aussichtsplatz auf die herabschießenden Wassermassen blicken, um dann zum Wasserfallboden herunterzusteigen. Ein schaurig-schöner Anblick, wie die brausende Gischt aus dem engen Canyon über eine breite Felswand herunterdonnert, um sich mit dem dunkelgrünen Wasser des Grimmingbachs zu vereinen.
Auf einem Stein an diesem Glücksplatz zu sitzen und das Naturschauspiel zu betrachten, erinnert an so manche Szene in Hermann Hesses Roman
„Siddharta“. Schließlich verlassen wir diesen Kraftort und folgen dem munteren Grimmingbach, den wir auf dem Leinsteg überqueren. Blumen aller Art von Wiesenenzian, Dotterblumen bis zu unzähligen Schlüsselblumen begleiten uns. Eine mächtige Fichte hat auf einem Karstfelsen ihre Wurzeln ausgebreitet. Die Rinder beim einsam gelegenen Sölknerhof machen gerade ihre Vormittagssiesta. Sie haben sich allesamt mit dem Kopf voran in ihre Ruhekojen gelegt. Nur eine Kuh hat sich mit dem Hinterteil zuerst hineingelegt und blickt entspannt in den sonnenbestrahlten Hof heraus.