Mit Corona in die Armutsfalle
Krise in Lateinamerika. Der Subkontinent wird zum neuen Brennpunkt der Corona-Krise. Die krassen sozialen Gegensätze verschärfen sich, aber auch die politische Instabilität wächst
Gepanzerte Fahrzeuge auf den Straßen von Ecuador, brutale Großeinsätze der Sicherheitskräfte in Peru, gewaltsame Proteste in den Städten Chiles: Die CoronaPandemie produziert altbekannte Bilder Lateinamerikas. Überforderte, politisch oft instabile Regierungen wissen der Krise oft nicht anders zu begegnen als mit dem Einsatz ihrer traditionell zuverlässigsten Unterstützer, den Sicherheitskräften.
Die Ausbreitung der Pandemie und damit auch der Erfolg der Maßnahmen gegen sie mögen zwischen Mexiko und Chile unterschiedlich sein: So haben die Regierungen in Argentinien oder in Peru von Anfang an rigorose Ausgangssperren verhängt.
Was aber alle Staaten Lateinamerikas vereint, sind die dramatischen sozialen Folgen. Etwa 30 Millionen Menschen werden durch die Pandemie zusätzlich in die Armut abrutschen, prognostiziert die UNO, insgesamt wird es dann mehr als ein Drittel der 650 Millionen sein.
Anfangs als das Virus der Reichen belächelt, die sich in Europa oder den USA angesteckt hatten, hat sich das Virus immer weiter ausgebreitet, auch die ärmeren Viertel und Slums erreicht. In Brasiliens „Favelas“oder in den „Villas“in Argentinien fehlt es den Bewohnern oft am Nötigsten wie Wasser und Seife. Zugleich leben ganze Familien in einem Raum zusammen. Abstand halten ist da kaum möglich. Fliegende Händler und Tagelöhner, Putzfrauen und Müllsammler, Schuhputzer und Mariachi-Musiker sind auf tägliche Einnahmen angewiesen. Sie können nicht zu Hause bleiben.
Dazu kommt, dass eine der wichtigsten Einnahmequellen der Menschen Lateinamerikas zunehmend wegfällt: Das Geld, das die Verwandten aus den USA schicken. Dort aber fallen gerade die Billigjobs für die Latinos durch die Krise weg.
Eine Studie der katholischen Universität UCA in Buenos Aires fasst diese Verkettung von Umständen so dramatisch wie nüchtern zusammen: „Wir erleben nicht nur eine Epidemie, sondern auch eine neue Welle struktureller Armut, die vor allem die schwächsten Teile der Gesellschaft treffen wird.“