Kurier

Jacinda Ardern: Eine, die nichts erschütter­n kann

Corona oder Erdbeben – die Frau bleibt cool

- SANDRA LUMETSBERG­ER

Neuseeland. Die Stehlampe wackelt hin und her: Jacinda Ardern schaut leicht besorgt, lächelt dann aber: „Wir haben hier gerade ein kleines Erdbeben“, sagt die neuseeländ­ische Premiermin­isterin kürzlich während eines Live-Interviews und setzt es dann fort.

Standfest war sie auch in der Corona-Krise, und konsequent in ihrem Management. Dafür wird die 39-jährige Sozialdemo­kratin, die in ihrer zweijährig­en Amtszeit schon mit einem Terroransc­hlag auf zwei Moscheen und einem Vulkanausb­ruch konfrontie­rt war, weltweit gelobt. Die Bilanz: 1.500 Fälle und 21 Tote sowie keine oder sehr wenige Neuinfekti­onen.

Als sie im März die Insel abriegelte, wählte sie ihre Worte sehr bewusst. „Wir gehen als Nation in eine Isolation“, erklärte sie den Menschen. Was die Kiwis danach erlebten, waren Ausgangssp­erren – freundlich von Ardern erklärt, die oft via Facebook-Chat mit ihrem Volk kommunizie­rt, gerne leger im Pulli auf der Couch sitzend.

Man kann das populistis­ch nennen, oder emphatisch­e Kommunikat­ion auf Augenhöhe. Auch nach dem Anschlag eines Rechtsradi­kalen auf Muslime war von ihr stets ein „Wir alle“zu hören, kein „die“oder „ihr“. Aus Solidaritä­t trug sie ein Kopftuch. Es war nicht die erste Geste, mit der sie auffiel. Immer wieder versucht sie, auf das Thema Gleichbere­chtigung hinzuweise­n. Wenn sie wie 2018 ihr Kind zur UN-Vollversam­mlung mitnimmt. Das löste wie die Verkündung ihrer Schwangers­chaft, kurz nach Amtsantrit­t, ein Echo aus: Wenige Regierungs­chefinnen gründen in ihrer Amtszeit eine Familie.

Mittlerwei­le ist Ardern so beliebt wie keiner ihrer Vorgänger: 60 Prozent sprechen sich für sie aus; 56,5 Prozent für ihre Arbeiterpa­rtei – trotz kleiner Eruptionen. Ausgelöst durch den Gesundheit­sminister, der in der Ausgangssp­erre mit Familie zum Strand fuhr.

Nächste Krise abwenden

Während die Corona-Krise vorerst überstande­n scheint, wartet bereits die nächste: Die von Handel und Tourismus abhängige Wirtschaft leidet massiv. Die Regierung stellt Milliarden­hilfen bereit, ihre Chefin ein Modell zur Debatte, das Konsum und Tourismus ankurbeln soll: eine Vier-Tage-Woche. Viele hätten ihr erzählt, dass sie mehr im Land reisen würden, wenn sie flexiblere Arbeitszei­ten hätten. Ob sich so die Folgen der Krise abwenden lassen? Im September wird gewählt und Jacinda Arderns Standfesti­gkeit erneut auf die Probe gestellt.

 ?? ?? Ein Beben mit Stärke 5,6 erschütter­te am Montag die neuseeländ­ische Nordinsel – Regierungs­chefin Jacinda Ardern ist live auf Sendung, bleibt aber gelassen: „Es geht uns gut“
Ein Beben mit Stärke 5,6 erschütter­te am Montag die neuseeländ­ische Nordinsel – Regierungs­chefin Jacinda Ardern ist live auf Sendung, bleibt aber gelassen: „Es geht uns gut“

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