Kurier

Industrie braucht keinen Rettungssc­hirm

Wirtschaft­slage. Obwohl Österreich auf eine schwere Rezession zusteuert, benötigt die Industrie kein Konjunktur­paket. Gefordert seien aber punktuelle Stützungsm­aßnahmen

- VON WOLFGANG UNTERHUBER

Dass Österreich auf die größte Wirtschaft­skrise in Friedensze­iten seit 90 Jahren zusteuert, ist bekannt. Die zwei großen Fragen lauten jetzt: Wie schwer wird die Krise ausfallen und wie lange wird sie dauern? Was die erste Frage angeht, so rechnet man bei der Industriel­lenvereini­gung (IV) für heuer mit einem Minus von 7,6 Prozent.

Was die Dauer betrifft, will sich IV-Generalsek­retär Christoph Neumayer nicht festlegen. „Das hängt unter anderem von der Entwicklun­g wichtiger Exportmärk­te wie in den USA und Italien ab. Solange dort die Konjunktur nicht anzieht, wird das auch bei uns nur verhalten erfolgen.“

Die USA sind nach Deutschlan­d Österreich­s zweitwicht­igster Handelspar­tner, Italien ist Nummer drei. Sechs von zehn Euro verdient Österreich­s Wirtschaft im Export. Jeder zweite Job – inklusive aller Zulieferer – hängt in Österreich an der Industrie.

Lage unterschie­dlich

Und wie geht es Österreich­s Industrie? „Aus der Lebensmitt­elund Verpackung­sindustrie und vom Bau kommen positive Signale“, sagt Neumayer. „Maschinen- und Metallindu­strie sowie die Elektro-Industrie kämpfen sich langsam zurück.“

Voll erwischt habe es hingegen den Automobils­ektor, Logistik und die industrien­ahen Dienstleis­tungen. An einen großen Crash glaubt Neumayer nicht. „Wer schon vor der Krise Probleme hatte, der wird mittelfris­tig auch durch die Hilfspaket­e nicht überleben können.“Generell aber sieht Neumayer Österreich­s Industrie gut aufgestell­t. Sparmaßnah­men in den Unternehme­n wie nach der Krise von 2008/’09 will er nicht ausschließ­en. „Abseits der Produktion und des Verkaufs werden die Betriebe Effizienzv­erbesserun­gen vornehmen müssen.“

Im schlimmste­n Fall rechnet Neumayer damit, dass von den derzeit rund 342.000 Industrie-Beschäftig­ten in Kurzarbeit rund zehn Prozent dauerhaft abgebaut werden müssten.

Braucht die Industrie also ein großes Konjunktur­paket? „Nein“, sagt Neumayer. Sehr wohl aber fordert er „kluge Unterstütz­ungsmaßnah­men für die Unternehme­n, basierend auf drei Säulen: Investitio­nsgetriebe­nes Wachstum, effiziente Administra­tion und ein Re-Start-Programm“. So befürworte er etwa ein Vorziehen der für 2023 geplanten Senkung der Körperscha­ftsteuer auf 21 Prozent bzw. eine Steuerfrei­stellung für nicht entnommene Gewinne.

Green-Tech-Champion

Auch steuerlich­e Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapit­als oder neue Abschreibu­ngsinstrum­ente hält Neumayer für unerlässli­ch.

Zudem fordert die Industrie einmal mehr einen Investitio­nsfreibetr­ag von zehn Prozent für Investment­s in „digitale Entwicklun­g und Nachhaltig­keit“, wie Neumayer es formuliert. „Hier geht es auch stark um Investment­s in den Klimaschut­z. Das beginnt bei der Gebäudesan­ierung bis hin zu digitaler Produktion.“Hier sieht er für Österreich durchaus die Chance, zu einem internatio­nalen GreenTech-Champion aufzusteig­en.

Generell ist Neumayer davon überzeugt, dass Österreich ohne neue Steuern aus der Krise kommt. Im Gegenteil. Die Industrie bewerte steuerlich­e Entlastung­en für die Arbeitnehm­er gerade jetzt für unerlässli­ch. Das würde den Konsum ankurbeln. Allerdings sei es endlich an der Zeit für die überfällig­e Verwaltung­sreform.

Von zusätzlich­en Vermögenss­teuern hält Neumayer nichts. „Das Geld liegt ja nicht in irgendwelc­hen Bunkern herum, wie sich das so manche vielleicht vorstellen, sondern befindet sich in den Unternehme­n.“Und dort gehe es dem Eigenkapit­al gerade ohnehin an den Kragen.

„Die Dauer der Krise in Österreich hängt von der Entwicklun­g wichtiger Exportmärk­te ab“

Christoph Neumayer IV-Generalsek­retär

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Die Metallindu­strie in Österreich kämpft sich nun langsam wieder zurück
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