„Polizisten“legten 180 Senioren rein
Geld und Gold abgenommen / Prozess gegen Mitglied der Bande
Wien. Die ältere Dame muss Montagfrüh erst einmal das Hörgerät einstellen. „Moment“, bittet sie den Richter. „Gleich geht’s.“Die Wienerin, Jahrgang 1938, ist als Zeugin im Landesgericht für Strafsachen geladen. Im Herbst des Vorjahres wurde sie – wie viele andere Pensionistinnen – via Telefon kontaktiert.
„Ein Mann hat mir gesagt, im Nahbereich meiner Wohnung ist eingebrochen worden. Zur Sicherheit würde man meine Wertgegenstände und mein Geld abholen“, schildert die Dame. Am Telefon, so war sie der Überzeugung, war die Polizei. „Der Herr hat fast BurgtheaterDeutsch gesprochen“, erinnert sie sich. Doch tatsächlich kam der Anruf von einem Betrüger aus der Türkei.
Vier Mio. Euro Schaden
180 Pensionisten fielen bisher schon auf die Betrüger herein, der Schaden beläuft sich auf vier Millionen Euro.
Frau E. ist eines der Opfer. „Blöd war ich“, sagt sie zerknirscht. Die Betrüger haben ihr insgesamt 270.000 Euro abgenommen. „Zwei Tage lang haben wir Touren zu verschiedenen Banken gemacht und ich hab Geld abgehoben. Und meine goldenen Philharmoniker hab ich ihnen auch gegeben.“
Auf der Anklagebank sitzt einer der mutmaßlichen Betrüger – ein Österreicher mit türkischen Wurzeln. Der angeklagte Ferdi B. ist teilgeständig. Im Juli des Vorjahres wollte er „sein Herz erleichtern“und ging selbst zur Polizei. Er habe nicht mehr bei den Betrügereien mitmachen wollen. „Als er das gesagt hat, ist er sogar mit einer Schusswaffe bedroht worden“, sagt sein Strafverteidiger Roland Friis.
Mit dem Fall von Frau E. will er allerdings nichts zu tun haben, beteuert er. Er sei auch nicht stutzig geworden, als ihm eine ältere Dame 50.000 Euro Bargeld aushändigte. Und auch nicht, als er danach 2.000 Euro als Anteil bekam. „Ich habe nicht nachgefragt“, erklärt er.
Prozess vertagt.