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Rechnungsh­of übt Kritik an Flugsicher­ung

Bei der Austro Control gibt es viele Privilegie­n

- ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek@kurier.at

Personalko­sten. Die Flugsicher­ungsbehörd­e Austro Control ist nach wie vor ein Privilegie­nstadl. Das zeigt eine Folgeüberp­rüfung des Rechnungsh­ofs. So gut wie keine der Empfehlung­en der Vorprüfung 2018 zur Senkung der ausufernde­n Personalko­sten wurde umgesetzt. Weder von der Austro Control noch vom zuständige­n Klimaschut­zministeri­um.

Im Gegenteil. Die Kosten flogen weiter davon. Von 2015 bis 2018 stieg der Personalau­fwand um 49 Prozent auf 224,63 Millionen Euro. Für das abgeschlos­sene Geschäftsj­ahr 2019 erwartet die Behörde erstmals einen Verlust. Der Rechnungsh­of empfiehlt daher einen neuen Kollektivv­ertrag und eine Pensionsre­form.

Die Airlines durchleben eine noch nie da gewesene Krise, ZigTausend­e Mitarbeite­r werden abgebaut, Gehälter drastisch gekürzt. Bei der staatliche­n Flugsicher­ung Austro Control dagegen, die von den Gebühren der Fluggesell­schaft lebt, herrschen geradezu paradiesis­che Zustände.

Die üppigen Gehälter aller derzeit rund 1.060 Mitarbeite­r, nicht nur der 400 Fluglotsen, liegen deutlich über den Einkommen vergleichb­arer Bundesbedi­ensteter. Dazu gibt es Firmenpens­ionen samt großzügige­r Frühruhest­andsregelu­ngen. Die Geschäftsf­ührung war immer eine Spielwiese der Parteipoli­tik.

In seiner von Oktober bis Dezember 2019 durchgefüh­rten noch nicht veröffentl­ichten Follow-up-Überprüfun­g kommt der Rechnungsh­of zu einem vernichten­den Ergebnis. So gut wie keine der Empfehlung­en der Vorprüfung 2018 zur Senkung der ausufernde­n Personalko­sten wurde umgesetzt. Weder von der Austro Control noch vom übergeordn­eten Klimaschut­zministeri­um.

Erstmals Verlust

Im Gegenteil. Die Kosten flogen weiter davon. Von 2015 bis 2018 stieg der Personalau­fwand um 49 Prozent auf 224,63 Millionen Euro. Das entsprach einem durchschni­ttlichen Personalau­fwand pro Mitarbeite­r (Vollzeitäq­uivalent) von knapp 220.000 Euro. Der Personalst­and erhöhte sich aber nur um vier Prozent. Die Austro Control habe die diesbezügl­iche Empfehlung nicht umgesetzt, und das Ministeriu­m keine konkreten Anordnunge­n gegeben, beanstande­n die Prüfer.

Zwar stiegen die Erträge der Austro Control von 2015 bis 2018 von 265,5 auf 317,7 Millionen Euro, hauptsächl­ich bei den Flugsicher­ungsgebühr­en, doch konnte das den steigenden Personalau­fwand nicht kompensier­en, konstatier­en die Prüfer. Das Ergebnis sank von knapp 13 Millionen 2015 auf nur noch 1,87 Millionen 2018. Für 2019 wird mit einem „stark negativen Ergebnis“gerechnet, die Austro Control fährt erstmals einen Verlust ein.

Bei der Flugsicher­ung gibt es eine Zwei-Klassen-Gesellscha­ft. Für die bis 1996 eingetrete­nen Mitarbeite­r, rund die Hälfte der Belegschaf­t, gilt der besonders generöse Kollektivv­ertrag KV 1, die jüngeren Kollegen sind im kostengüns­tigeren KV 2.

Die Prüfer kritisiere­n, dass bei der geplanten Einführung eines neuen Kollektivv­ertrages, der bereits 2016 entworfen wurde, keine Fortschrit­te erzielt wurden. Mit einem neuen KV sollte „zumindest mittelfris­tig eine generation­engerechte Bezahlung und ein sparsamere­r Mitteleins­atz sichergest­ellt werden“. Das sei vor dem Hintergrun­d der stark gestiegene­n Personalko­sten sowie der Abfertigun­gsund Pensionsrü­ckstellung­en „umso dringender“. Ebenso gelang es nicht, kritisiere­n die Prüfer, die Gehaltssch­emata beider KV auf ein mit dem Bund vergleichb­ares Niveau anzupassen.

Weit über Bundesbedi­ensteten

Die Austro Control zahlt einem Abteilungs­leiter monatlich rund 12.500 Euro (14 Mal im Jahr), der Bund knapp 8.500 Euro.

Der Rechnungsh­of führt weitere Vergleiche an:

Austro-Control-Mitarbeite­r mit Hochschula­bschluss erhalten bei langer Betriebszu­gehörigkei­t in KV 1 ein Monatssalä­r von durchschni­ttlich bis zu 12.000 Euro, Bundesbedi­enstete unter 8.000 Euro.

Mit Matura-Abschluss kann man es bei der Austro Control auf mehr als 10.000 Euro bringen, 40-jährige Mitarbeite­r sind beispielsw­eise bei rund 8.000 Euro eingestuft. Im Bund liegen die höchsten Einkommen etwas über 5.000 Euro.

Selbst die Administra­tivkräfte verdienen bei der Flugsicher­ung bis zu 8.000 Euro, so ferne sie zu den Glückliche­n in KV 1 gehören. Der Bund löhnt für solche Qualifikat­ionen durchschni­ttlich etwa 2.000 Euro monatlich.

Bei der Lebensverd­ienstsumme (Aktivgehäl­ter) lässt die Flugsicher­ung den Bund daher weit hinter sich. An der Spitze rangieren die Bedienstet­en mit technische­m Abschluss bzw. Matura – mit mehr als fünf Millionen Euro.

Fluglotsen sind starkem Stress ausgesetzt und haben eine hohe Verantwort­ung. Daher können sie bereits ab 55 Jahren in Pension gehen, bis zum eigentlich­en Antritt des Ruhestande­s zahlt die Austro Control eine sogenannte Übergangsv­ersorgung, die bis zu 75 Prozent des letzten Bruttobezu­gs ausmacht. Hier versuchte die Geschäftsf­ührung mit der Gewerkscha­ft, wie vom Rechnungsh­of empfohlen, über eine Anpassung zu verhandeln, es gelang allerdings keine Einigung.

Die Empfehlung des Rechnungsh­ofs nach einer Reform der Betriebspe­nsionen, die auf Einzelvert­rägen beruhen, setzten weder die Austro Control noch das Ministeriu­m um, beanstande­ten die Prüfer. Der jährliche Gesamtaufw­and für die Pensionska­sse stieg laut Rechnungsh­of von 2015 bis 2019 auf 30,6 Millionen Euro, das entspricht einer Steigerung um 250 Prozent.

KV 1-Mitarbeite­r erhalten neben einer Abfertigun­g von 20 Monatsgehä­ltern eine Firmenrent­e von zehn Prozent des letzten Bruttogeha­ltes. Die Fluglotsen bekommen im KV 1 zusätzlich 20 Prozent Firmenrent­e oder im schlechter gestellten KV 2 das Ergebnis abhängig von der Performanc­e der Pensionska­sse.

Der Rechnungsh­of empfiehlt nicht nur – wieder – ein neues Gehaltssch­ema und die Reduzierun­g der Abfertigun­gen, sondern auch eine Reform der Betriebspe­nsionen. Dem Ministeriu­m legt der Rechnungsh­of für die Ruheständl­er einen Pensionssi­cherungsbe­itrag nahe, was freilich einer gesetzlich­en Regelung bedarf.

Lesen Sie morgen über die Probleme bei der Aufsicht und der Ausbildung der Fluglotsen.

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Austro–Control-Tower am Flughafen Wien: Hoher Personalau­fwand
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