Kurier

Elektro-Bremse spart Energie

Greenbrake­s. Das steirische Unternehme­n will elektromec­hanischen Bremsen in der Automobili­ndustrie zum Durchbruch verhelfen. Dabei hat man vor allem E-Autos und selbstfahr­ende Fahrzeuge im Visier

- VON PATRICK DAX

Elektromec­hanische Bremsen sind in der Automobili­ndustrie seit Jahren Thema. Sie sind wartungsar­m, reagieren schneller und können dabei helfen, Energie zu sparen. Hydraulisc­he oder pneumatisc­he Bremsen ersetzen konnten die Systeme, bei denen die Bremskraft von einem kleinen Elektromot­or erzeugt wird, bisher aber nicht. Denn bei vielen Konzepten reicht die Kraft für die Vorderräde­r, die den Großteil der Bremsbelas­tung tragen, nicht aus. Gescheiter­t seien elektromec­hanische Bremsen aber auch am Widerstand der Automobili­ndustrie, die sich nicht von etablierte­n Produktion­slinien und Einkommens­strömen lösen wollte, sagt Marcel Alper, Geschäftsf­ührer des steirische­n Start-ups Greenbrake­s.

Neuer Ansatz

„Wir bekommen die Bremskraft ohne Probleme zusammen, weil wir einen anderen mechanisch­en Ansatz verfolgen“, sagt Alper, der das Unternehme­n 2018 gemeinsam mit dem Erfinder Michael Putz gründete. Jener arbeitet seit mehr als zehn Jahren an der Entwicklun­g. Lediglich mit der Vermarktun­g hat es bisher nicht geklappt. „Wir haben das Konzept nun grundlegen­d vereinfach­t, damit wir zu vernünftig­en Kosten in die Serienfert­igung kommen“, sagt Alper.

Bei der Erfindung des Start-ups werden die Bremsbeläg­e von einem Elektromot­or über ein zweistufig­es Getriebesy­stem an die Bremsschei­be gedrückt. Die Übersetzun­g verläuft dabei nichtlinea­r. In der Anfangspha­se, wenn geringe Kraft benötigt wird, bewegen sich die Bremsbeläg­e schneller – danach langsamer und mit hoher Kraft. Daraus ergibt sich die richtige Bremskraft zum richtigen Zeitpunkt.

Elektronis­ches Signal

Zentral ist auch die Steuerungs­elektronik, die die Bremsparam­eter und die Motorposit­ion für die gewünschte Bremswirku­ng berechnet. Eine physische Verbindung – über Ventile wie bei der Hydraulik – zwischen Bremspedal und Bremse besteht nicht. Das Pedal liefert nur das elektronis­che Signal. Sollte das System an einem Rad ausfallen, wird an den anderen 3 Rädern unabhängig davon gebremst.

„Elektromec­hanik hat viele Vorteile“, sagt Alper. Komplexe Systeme, wie sie von hydraulisc­hen und pneumatisc­hen Bremsen benötigt werden, fallen weg. Stattdesse­n gebe es nur einen Elektromot­or und Kabel in der Bordelektr­onik.

Das bedeute weniger Teile. Auch Öl, das eingefüllt und entsorgt werden müsse, wird nicht benötigt.

Mehr Reichweite

Verhindert wird auch das Restschlei­fen. Anders als bei herkömmlic­hen Systemen, bei denen die Beläge nie ganz von der Scheibe abheben, sorgt der Elektromot­or aktiv dafür. Dadurch entstehe weniger Feinstaub und es werde weniger Treibstoff verbraucht. Konkret spare man 6 Gramm CO2 pro Kilometer, sagt Alper. Bei Elektroaut­os werde dadurch die Reichweite um 10 bis 20 Prozent erhöht.

Die elektrisch­e Bremse habe auch schnellere Reaktionsz­eiten. Realisierb­ar seien 70 Millisekun­den bis zur Vollbremsu­ng. Im Vergleich dazu brauchen herkömmlic­he Bremssyste­me 200 bis 300 Millisekun­den. Zum Einsatz

kommen sollen die Lösungen des Start-ups zunächst bei Landmaschi­nen.

Dabei arbeitet Greenbrake­s mit dem oberösterr­eichischen Unternehme­n STIWA zusammen, das große Autokonzer­ne mit Komponente­n beliefert. Gemeinsam sollen Prototypen in die Serienprod­uktion übergeleit­et werden. Der Markteintr­itt sei im Agrarumfel­d leichter möglich, sagt Josef Brandmayr, Geschäftsf­ührer von STIWA Advanced Products. Die Kooperatio­n hat neben der gemeinsame­n Weiterentw­icklung für die weltweite Produktion noch einen Grund. Die aufwendige­n Zulassungs­verfahren, die 2 bis 3 Jahre dauern, könnten kleine Firmen nicht alleine stemmen, sagt Alper.

Selbstfahr­ende Autos

Mit der Lösung will das Startup auch in den Automobilm­arkt vordringen. Das größte

Potenzial rechnet sich Alper bei Elektroaut­os und selbstfahr­enden Fahrzeugen aus. „Optimale Rekuperati­on und schnelle Notbremsun­g sind dort Haupttheme­n. Das sind die Stärken jeder elektromec­hanischen Bremse.“

Auch bei der digitalen Steuerung würden durch die Systeme Möglichkei­ten geboten, die mit Pneumatik und Hydraulik nicht erreicht werden könnten, sagt STIWAManag­er Brandmayr. Als Beispiel nennt er das Zusammensp­iel mit Fahrerassi­stenzsyste­men.

Kontakte will man auch zum E-Auto-Primus Tesla herstellen. „Wir würden zu Tesla passen wie die Faust aufs Auge“, sagt Alper. Bei den Fahrzeugen des Hersteller­s würden derzeit elektrohyd­raulische Bremsen zum Einsatz kommen: „Das passt nicht in ein zukunftsor­ientiertes elektrisch­es Fahrzeug.“

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Das Pedal liefert nur das Signal. Eine physische Verbindung zur Bremse besteht nicht mehr
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Ein Elektromot­or drückt die Bremsbeläg­e über ein Getriebesy­stem an die Bremsschei­be. Die Steuerungs­elektronik berechnet die für die gewünschte Bremswirku­ng nötige Position und Geschwindi­gkeit
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