Elektro-Bremse spart Energie
Greenbrakes. Das steirische Unternehmen will elektromechanischen Bremsen in der Automobilindustrie zum Durchbruch verhelfen. Dabei hat man vor allem E-Autos und selbstfahrende Fahrzeuge im Visier
Elektromechanische Bremsen sind in der Automobilindustrie seit Jahren Thema. Sie sind wartungsarm, reagieren schneller und können dabei helfen, Energie zu sparen. Hydraulische oder pneumatische Bremsen ersetzen konnten die Systeme, bei denen die Bremskraft von einem kleinen Elektromotor erzeugt wird, bisher aber nicht. Denn bei vielen Konzepten reicht die Kraft für die Vorderräder, die den Großteil der Bremsbelastung tragen, nicht aus. Gescheitert seien elektromechanische Bremsen aber auch am Widerstand der Automobilindustrie, die sich nicht von etablierten Produktionslinien und Einkommensströmen lösen wollte, sagt Marcel Alper, Geschäftsführer des steirischen Start-ups Greenbrakes.
Neuer Ansatz
„Wir bekommen die Bremskraft ohne Probleme zusammen, weil wir einen anderen mechanischen Ansatz verfolgen“, sagt Alper, der das Unternehmen 2018 gemeinsam mit dem Erfinder Michael Putz gründete. Jener arbeitet seit mehr als zehn Jahren an der Entwicklung. Lediglich mit der Vermarktung hat es bisher nicht geklappt. „Wir haben das Konzept nun grundlegend vereinfacht, damit wir zu vernünftigen Kosten in die Serienfertigung kommen“, sagt Alper.
Bei der Erfindung des Start-ups werden die Bremsbeläge von einem Elektromotor über ein zweistufiges Getriebesystem an die Bremsscheibe gedrückt. Die Übersetzung verläuft dabei nichtlinear. In der Anfangsphase, wenn geringe Kraft benötigt wird, bewegen sich die Bremsbeläge schneller – danach langsamer und mit hoher Kraft. Daraus ergibt sich die richtige Bremskraft zum richtigen Zeitpunkt.
Elektronisches Signal
Zentral ist auch die Steuerungselektronik, die die Bremsparameter und die Motorposition für die gewünschte Bremswirkung berechnet. Eine physische Verbindung – über Ventile wie bei der Hydraulik – zwischen Bremspedal und Bremse besteht nicht. Das Pedal liefert nur das elektronische Signal. Sollte das System an einem Rad ausfallen, wird an den anderen 3 Rädern unabhängig davon gebremst.
„Elektromechanik hat viele Vorteile“, sagt Alper. Komplexe Systeme, wie sie von hydraulischen und pneumatischen Bremsen benötigt werden, fallen weg. Stattdessen gebe es nur einen Elektromotor und Kabel in der Bordelektronik.
Das bedeute weniger Teile. Auch Öl, das eingefüllt und entsorgt werden müsse, wird nicht benötigt.
Mehr Reichweite
Verhindert wird auch das Restschleifen. Anders als bei herkömmlichen Systemen, bei denen die Beläge nie ganz von der Scheibe abheben, sorgt der Elektromotor aktiv dafür. Dadurch entstehe weniger Feinstaub und es werde weniger Treibstoff verbraucht. Konkret spare man 6 Gramm CO2 pro Kilometer, sagt Alper. Bei Elektroautos werde dadurch die Reichweite um 10 bis 20 Prozent erhöht.
Die elektrische Bremse habe auch schnellere Reaktionszeiten. Realisierbar seien 70 Millisekunden bis zur Vollbremsung. Im Vergleich dazu brauchen herkömmliche Bremssysteme 200 bis 300 Millisekunden. Zum Einsatz
kommen sollen die Lösungen des Start-ups zunächst bei Landmaschinen.
Dabei arbeitet Greenbrakes mit dem oberösterreichischen Unternehmen STIWA zusammen, das große Autokonzerne mit Komponenten beliefert. Gemeinsam sollen Prototypen in die Serienproduktion übergeleitet werden. Der Markteintritt sei im Agrarumfeld leichter möglich, sagt Josef Brandmayr, Geschäftsführer von STIWA Advanced Products. Die Kooperation hat neben der gemeinsamen Weiterentwicklung für die weltweite Produktion noch einen Grund. Die aufwendigen Zulassungsverfahren, die 2 bis 3 Jahre dauern, könnten kleine Firmen nicht alleine stemmen, sagt Alper.
Selbstfahrende Autos
Mit der Lösung will das Startup auch in den Automobilmarkt vordringen. Das größte
Potenzial rechnet sich Alper bei Elektroautos und selbstfahrenden Fahrzeugen aus. „Optimale Rekuperation und schnelle Notbremsung sind dort Hauptthemen. Das sind die Stärken jeder elektromechanischen Bremse.“
Auch bei der digitalen Steuerung würden durch die Systeme Möglichkeiten geboten, die mit Pneumatik und Hydraulik nicht erreicht werden könnten, sagt STIWAManager Brandmayr. Als Beispiel nennt er das Zusammenspiel mit Fahrerassistenzsystemen.
Kontakte will man auch zum E-Auto-Primus Tesla herstellen. „Wir würden zu Tesla passen wie die Faust aufs Auge“, sagt Alper. Bei den Fahrzeugen des Herstellers würden derzeit elektrohydraulische Bremsen zum Einsatz kommen: „Das passt nicht in ein zukunftsorientiertes elektrisches Fahrzeug.“