Steuerwidmung statt Kirchenbeitrag
Religionsgesellschaften könnten von alternativem Finanzierungssystem profitieren
Vorstoß. Vor Geldsorgen sind auch andere Religionsgesellschaften nicht gefeit. Vor allem, wenn ihnen sukzessive die Gläubigen abhandenkommen. Aus der katholischen Kirche traten 2019 beispielsweise 67.583 Österreicher aus. Deren Motive mögen vielfältig sein. Ein oft genannter Grund sei aber der Kirchenbeitrag, sagt Kirchenhistoriker Rudolf Höfer.
Um dem Abwärtstrend Einhalt zu gebieten, schlägt Höfer den 16 in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften ein alternatives Finanzierungssystem vor: das italienische Steuermodell – eine demokratische Steuerwidmung, durch die den Bürgern keine zusätzlichen Kosten entstünden (der KURIER berichtete).
Keine Steuererhöhung
In Italien, Slowenien, Ungarn, Polen oder Spanien gehen die Gesetzgeber zur Finanzierung von Religionsgemeinschaften folgenden Weg: Dort können Bürger einen kleinen Teil ihres Steueraufkommens spezifisch widmen.
In Italien macht dieser Anteil 1,5 Prozent aus. Davon können 0,8 Prozent für eine Religionsgemeinschaft der persönlichen Wahl oder für den Staat gewidmet werden. Aus einem zweiten Topf können 0,5 Prozent Kultur, Sozialem und Umwelt zugedacht werden. Und aus einem dritten 0,2 Prozent politischen Parteien. Fehlt die Widmung, wird im Verhältnis der Widmungsoptionen aufgeteilt.
In Österreich müssten die Prozentsätze zwar höher angesetzt werden, damit den Religionsgesellschaften kein finanzieller Nachteil entstehe. Höfer streicht aber eines hervor: Das italienische Modell wäre keine Steuererhöhung. Und da den Bürgern keine zusätzlichen Kosten entstünden, fiele das Hauptargument für viele Kirchenaustritte weg.
Dass das Modell funktioniere, zeige der Ländervergleich:
So verzeichnete etwa die Südtiroler Diözese BozenBrixen mit rund 480.000 Katholiken 2018 nur 14 Kirchenaustritte. „Österreich hätte mit der etwa zehnfachen Katholikenanzahl im selben Zeitraum also nur 150 Austritte haben dürfen“, rechnet Höfer vor. „Es waren aber 58.376. Im Jahr 2019 sogar 67.583.“
In der katholischen Kirche ist die Thematik zwar Diskussionsthema, viel bewegt hat sich aber noch nicht. Kleinere Religionsgesellschaften wie die IGGÖ würden das Modell zwar begrüßen. Realisiert werden kann es aber nur mit Unterstützung der Kirche.