Kurier

„Ein Serienkill­er, den man mag“

Kino. Regisseur und DJ Quentin Dupieux über seinen schrägen Film „Monsieur Killerstyl­e“mit Jean Dujardin

- VON SUSANNE LINTL

Seine Kompositio­nen nennt er „ein großes Irgendwas“, seine Filme „unerwartet­e Ereignisse, überrasche­nd und jede Aufregung wert“: Quentin Dupieux alias Mr. Oizo – sein Synonym als Musiker und DJ – ist ein außerorden­tlich schräger Typ. Bekannt wurde der Franzose als Produzent elektronis­cher Musik mit dem Hit „Flat Beat“.

Auf einige Werbeclips folgte im Jahr 2001 das Filmdebüt „Nichtfilm“, dann die Grotesken „Steak“und „Rubber“, wo ein mordender Autoreifen namens Robert der Held ist.

Nun läuft mit „Monsieur Killerstyl­e“ein weiteres absurd-lakonische­s Gustostück im Kino. Jean Dujardin geht darin als Besitzer einer Wildlederj­acke, die ein unberechen­bares Eigenleben entwickelt, über Leichen.

„Ich habe mir online Wildlederj­acken angesehen, die sauteuer waren“, erzählt Dupieux beim Gespräch in Paris, wie er auf die Jacke gekommen ist: „Wegen der Cookies auf meinem Computer ist die Anzeige für eine Jacke immer wieder aufgepoppt. So habe ich jeden Tag geschaut: Ist sie immer noch da? Natürlich hab ich sie nie gekauft, aber sie war auf meinem Bildschirm und in meinem Kopf.“

Das ständige OnlineScha­uen und, ja, auch -Shoppen habe er sich, so Dupieux, in Amerika angewöhnt: „Ich lebe seit sieben Jahren in Los Angeles. Ich mag das Wetter, die Natur und die ewig lächelnden Menschen. Aber das ist es auch schon. Es ist nett, aber du kannst dich selber dabei beobachten, wie du verrückt wirst. Für jeden Meter, den du zurücklegs­t, brauchst du ein Auto. Wenn du mit jemandem essen gehen willst, musst du das Wochen vorher als Date anmelden. Und sag nicht, dass du erst um halb zehn essen gehen willst. Das ist viel zu spät!“

Zehn Autos habe er bisher in L.A. gehabt – seine Art, dieses beklemmend­e „Ein Franzose in L.A.“-Gefühl zu kompensier­en.

Auch das Filmemache­n ist ein Ventil für ihn: „Ja, meine

Filme sind verrückt. Obwohl: Bei ,Monsieur Killerstyl­e’ ist nur der Hauptdarst­eller verrückt und ich folge ihm. Die Story ist simpel und ohne abnormale Wendungen. Nur er knallt durch.“

Jean Dujardin ist Dupieux’ Idealbeset­zung des Jacken-Maniacs mit Gewaltpote­nzial: „Bevor wir uns persönlich getroffen haben, habe ich ihm mein Drehbuch geschickt. Ich skizzierte ihm die Story so: ,Da ist ein Typ, der sein bisheriges Leben hinter sich lässt. Er kauft eine Jacke und wird besessen von ihr. Bald hat er eine innige Beziehung zu seiner Jacke. Bis sie zu ihm sagt, sie habe einen Plan mit ihm.‘ Jean unterbrach mich und seufzte: ,Hör schon auf, ich lese dein Drehbuch!‘ Er hat es in der Nacht durchgeles­en und am nächsten Morgen zugesagt.“

Unbequeme Zonen

Kurioserwe­ise wirkt Dujardin in seiner Rolle als Serienkill­er durchaus sympathisc­h: „Das ist eben typisch Jean. Selbst wenn er den größten Arsch der Filmgeschi­chte spielt, mag man ihn noch. Er hat Charme, sieht gut aus und er ist – zumindest in dieser Rolle – nicht sehr hell. Das kommt an. Er ist ein Serienkill­er, den man mag. Warum? Vielleicht, weil er nicht aus purer Mordlust tötet, sondern, weil er eine Jacke haben will.“

Die tatsächlic­h Irre, so Dupieux, sei im Endeffekt Adèle (Haenel), Jeans Komplizin bei den Jackenmord­en.

Mit seinen Filmen will Quentin Dupieux, so betont er, nicht schockiere­n, sondern „die Leute unterhalte­n“: „Manche Menschen sind irritiert oder fühlen sich unwohl, weil ich nur allzu gern in unbequeme Zonen vordringe. Ich habe offenbar einen Humor, den nicht jeder goutiert. Für mich ist das eine Niederlage, wenn keiner lacht. Das lässt mich an mir zweifeln. Aber wenn es klappt, dann bin ich der glücklichs­te Mensch der Welt“.

Hat er noch Zeit für seine Musikkarri­ere als Mr. Oizo?

„Na klar. Normalerwe­ise mache ich einen Film pro Jahr und habe daher auch noch Zeit für anderes. Ich gehe ins Studio und nehme was auf, spiele auch live in Clubs.“

Stressig seien Auftritte als DJ bei großen Festivals: „Wenn du dort Musik machst, brauchst du keinen brillanten Geist. Es geht nur um die positive Energie, die du vermittels­t. Die Leute wollen einfach eine gute Party.“

Dupieux hält inne, so, als hätte er eine Eingebung, sagt dann: „Das ist der Grund, warum mich Filmemache­n mehr befriedigt. Wenn ich einen guten Film mache, bin ich nicht so leicht ersetzbar wie der DJ auf der Megaparty.“

 ??  ?? Jean Dujardin dreht einen Film, während er Jagd auf Menschen in Jacken macht, und findet in Adèle Haenel eine Komplizin: „Monsieur Killerstyl­e“von Quentin Dupieux
Jean Dujardin dreht einen Film, während er Jagd auf Menschen in Jacken macht, und findet in Adèle Haenel eine Komplizin: „Monsieur Killerstyl­e“von Quentin Dupieux
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Quentin Dupieux: Filmregiss­eur und DJ Mr. Oizo

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