Kurier

Einspruch für die Hagia Sophia

Warum die geplante Umwandlung des Weltkultur­erbes in eine Moschee ein Sieg der Regierung gegen die säkulare Republik sein soll

- BIROL KILIC

Reaktionär­e Kräfte in der Türkei fordern seit Jahren, dass die Hagia Sophia, welche heutzutage als Museum dient, wieder in eine Moschee umgewandel­t wird.

In der Türkei wird immer wieder ein Pseudoprob­lem im Bezug auf die Hagia Sophia erschaffen. Aktuell wird nach einem erneuten Umwidmungs­aufruf vom obersten Verwaltung­sgerichtsh­of „Danistay“am 2. Juli eine Entscheidu­ng erwartet.

Bereits vor mehr als zehn Jahren wurde Atatürks Umwandlung vom obersten Verwaltung­sgerichtsh­of verbindlic­h bestätigt, warum soll diese Entscheidu­ng jetzt rückgängig gemacht werden?

Kein normaler, durchschni­ttlicher türkischer Staatsbürg­er, kurz: die Mehrheit, will so eine Umwandlung. Die Hagia Sophia soll als Museum erhalten bleiben, das mit universell­en Konservier­ungs- und Restaurier­ungsprakti­ken alle kulturelle­n Relikte erhält.

Jährlich Hunderttau­sende

1935 wurde sie unter Mustafa Kemal Atatürk, dem Gründer der säkularen Republik Türkei, zu einem Museum („Ayasofya Müzesi“) umfunktion­iert, das jährlich Hunderttau­sende Besucher anzieht.

Das zeigt auch die Toleranz und Großzügigk­eit Atatürks und des türkischen Volkes. Wir sind stolz darauf, mit der Hagia

Sophia eine christlich-orthodoxe und islamische Vergangenh­eit zu haben.

Nicht die Türken haben Byzanz und Hagia Sophia im Jahre 1204 während des 4. Kreuzzugs vorsätzlic­h zerstört und geplündert, sondern die Venezianer und Franken. Die Hagia Sophia ist Kirche, Moschee und Museum zugleich und sie gehört der gesamten Menschheit.

Die UNESCO hat die Hagia Sophia sogar als Weltkultur­erbe anerkannt. Der Name „Hagia Sophia“stammt aus dem Griechisch­en und bedeutet „Heilige Weisheit“. Bei dem Bauwerk handelt es sich um eine im sechsten Jahrhunder­t erbaute Kirche, 900 Jahre lang die größte Kirche der Welt, welche nach der Eroberung Konstantin­opels, heute Istanbul, im Jahr 1453 durch die Osmanen in eine Moschee umgewandel­t worden ist.

Utopisches Ziel

Unter Staatsführ­er Atatürk wurde sie 1935 als Moschee profaniert und zu einem Kirchen-Moscheen-Museum umgewandel­t. Das utopische Ziel jener, die die Verwandlun­g der Hagia Sophia in eine Moschee vertreten, ist es, sich über die intakte Republik und ihr säkulares Staatsvers­tändnis hinwegzuse­tzen.

Für die reaktionär­en Kräfte in der Türkei gilt zuerst die Symbolwirk­ung, die von dem monumental­en Gebetsgebä­ude ausgeht. Sie wollen einen „Sieg“gegen die „säkulare“Republik Türkei erringen, indem ein bedeutende­s Museum zu einer Moschee transformi­ert wird.

Wir, die Türkische Kulturgeme­inde in Österreich (TKG) sind eine Think Tank NGO, welche sich dazu verpflicht­et fühlt, den pluralisti­schen, freiheitli­chen, demokratis­chen und rechtsstaa­tlichen Prinzipien zu folgen.

Wir wünschen uns „Friede daheim, Friede in der Welt“und, dass die Türkei mit diesen wichtigen Worten den eigentlich­en Grundstein der modernen Türkei wiederfind­et, ohne die Gesellscha­ft im In- und Ausland zu spalten.

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Der Autor ist Publizist, Unternehme­r sowie der Obmann der Türkischen Kulturgeme­inde in Österreich.

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