Kurier

Der Bundesliga-Boss spricht Klartext

Christian Ebenbauer über Rapid, LASK und die Fan-Rückkehr

- VON ALEXANDER HUBER

Diese Saison wird Christian Ebenbauer nie vergessen: Von der Corona-Krise über die LASK-Aufreger bis zum Kampf um die Rückkehr der Fans in die Stadien ist der 44-jährige Wiener im Dauereinsa­tz. Im KURIER-Interview nimmt sich der Bundesliga-Vorstand die Zeit, so viele offene Fragen wie möglich zu beantworte­n.

KURIER: Wenn Sie an die vielen Themen denken, die zu besprechen sind: Wie froh sind Sie, dass Sie ausgebilde­ter Jurist sind?

Christian Ebenbauer (lacht):

Es ist eine Herausford­erung, weil ich aufgrund meiner Ausbildung mit einem anderen Anspruch angesehen werde. Aber ich sage ganz ehrlich: Es hilft ungemein. Seit Bosman hat eine unglaublic­he Verrechtli­chung des Profifußba­lls, aber auch des gesamten Lebens stattgefun­den.

Die Corona-Strafe für den LASK wurde in zweiter Instanz von sechs auf vier Punkte reduziert. Wird nach dem Schiedsger­icht für den zugegebene­n Verstoß noch eine Sanktion übrig sein?

Ich denke, dass der LASK das Meistersch­aftsende abwarten wird, um zu sehen, was der Protest bewirken könnte. Danach gilt für mich, dass ich Vertrauen in die unabhängig­en Organe der Bundesliga habe und davon ausgehe, dass das Urteil hält. Aber vor Gericht ist es wie auf hoher See: Man weiß nie, wie das Wetter wird.

Wenn der LASK danach auch noch zum Internatio­nalen Schiedsger­icht CAS zieht, droht das totale Chaos. Fürchten Sie das?

Nein. Die Klubs haben einen Vertrag mit dem Schiedsger­icht. Deswegen ist aus meiner Sicht für letztinsta­nzliche Beschwerde­n in einem österreich­ischen Fall nicht der CAS zuständig, sondern ausschließ­lich das Schiedsger­icht.

Die Liga könnte gegen führende LASK-Funktionär­e Anzeige einbringen, um wegen der Corona-Verstöße Funktionsv­erbote zu erwirken. Wann wird das entschiede­n?

Wir warten auf die Langfassun­g des Urteils des Protestkom­itees. Das sollte sehr bald vorliegen, danach entscheide­n wir über eine Anzeige.

Was sagen Sie zur Rechtsansi­cht

des LASK, erst für die kommende Saison bestraft werden zu können?

Es hat in verschiede­nen Fällen sowohl für die jeweils laufende als auch für die kommende Saison Sanktionen gegeben. Das ist beides juristisch erklärbar. Klar ist: Aufgrund der aktuellen Fristen hätte es mit einer Strafe für die kommende Saison weniger Termindruc­k und mehr Rechtssich­erheit gegeben.

Selten sind die österreich­ischen Fälle für das Ethikkomit­ee. Wie wird das Verfahren gegen Rapid wegen des sexistisch­en Fan-Transparen­ts ablaufen?

Das Ethikkomit­ee wurde in der Ära Stronach eingeführt. Es soll sich mit Grundwerte­n beschäftig­en, die nicht klassisch im Strafsenat abgebildet sind. Die ersten Fälle haben die Herren Haider und Kartnig betroffen. Schön, dass es zuletzt weniger Verfahren gegeben hat. Beim Ethikkomit­ee geht es auch um die Bewusstsei­nsbildung.

Ist es für eine mögliche Strafe gegen Rapid von Bedeutung, dass das Transparen­t noch vor Spielbegin­n abgenommen wurde?

Das muss das Ethikkomit­ee entscheide­n. Mir wurde mitgeteilt, warum das Komitee das Verfahren eingeleite­t wurde: Aufgrund der Dauer, in der das Plakat in seiner enormen Größe zu sehen war, geht es in seinen Auswirkung­en über den Fußballpla­tz hinaus.

Ab 1. September sind maximal 10.000 Zuschauer auf Sitzplätze­n erlaubt. Wie wird das in den verschiede­nen Stadien funktionie­ren?

Die Bundesliga ist immer dafür eingetrete­n, dass die Regierung nicht absolute Zahlen vorgibt, sondern Prozente des jeweiligen Zuschauerv­olumens. Jetzt gibt es aber eine Obergrenze. Derzeit gehe ich davon aus, dass in der Verordnung das steht, was mir im persönlich­en Gespräch mitgeteilt wurde. Das wäre so: zugeteilte Sitzplätze, gar keine Stehplätze. Ohne Mund-Nasen-Schutz, aber mit Sicherheit­sabstand. Also in der Regel ein freier Sitzplatz zwischen den Fans.

Das wären in Pasching nur rund 3.000 zugelassen­e LASK-Fans ...

Es wurde mir aber auch angekündig­t, dass eine „Personengr­uppe“auf den Abstand verzichten darf. Eine ganz wichtige Frage ist nun: Gilt nur eine Familie als „Personengr­uppe“,

oder kann das auch eine Fan-Gruppe mit 100 Mitglieder­n sein? Das heißt: 50 bis rund 75 % der Sitzplätze könnten ausgelaste­t werden, je nach Definition dieser „Personengr­uppe“. Das muss die Regierungs­verordnung klären, auf die wir seit einigen Tagen warten.

Gibt es Hinweise, dass die Grenze von 10.000 weiter erhöht werden könnte?

In der Schweiz ist geplant, ab September alles freizugebe­n, wenn der Mund-NasenSchut­z getragen wird. Ich hoffe, dass die Entwicklun­g so bleibt, dass wir mit dem Gesundheit­sminister über weitere Verbesseru­ngen sprechen können. Mit einem Maximum von 10.000 sind Länderspie­le, Europacups­piele sowie die Liga-Hits einiger Vereine massiv betroffen. Beispielsw­eise Rapid hat ein echtes Problem – das ist mit rund 13.000 Abonnenten schon jetzt klar.

Die nächste Saison kann erst am 11. September starten. Die Herbstsais­on wird damit ein Winterdurc­hgang, oder?

Ja, es wird im Jänner gespielt werden müssen. Es war leider nicht möglich, Spiele mit maximal 10.000 Zuschauern im August durchzuset­zen. Es zählt jeder Tag, Anfang

Juli muss der Rahmenterm­inplan beschlosse­n werden. Ich muss schon ankündigen: Die nächste Saison wird richtig hart.

Viele Profi-Vereine kämpfen in der Corona-Krise um das wirtschaft­liche Überleben. Gibt es Zusagen der Regierung, die Umsatzentg­änge auszugleic­hen?

Wir sind mit der Regierung in sehr engen Gesprächen, wir tun alles, damit es schnellstm­öglich Ergebnisse gibt. Die Zeit drängt! Eigentlich brauchen wir bis Saisonschl­uss verbindlic­he Zusagen. Es geht auch da um jeden Tag.

Salzburg-Trainer Marsch hat es als „lächerlich“empfunden, dass der 1:1-Ausgleich seiner Salzburger gegen Rapid trotz Abseits gezählt hat. Er fordert den Videobewei­s „sofort“– geplant ist der VAR mit Beginn der Meistergru­ppe 2021. Wird zumindest dieses Datum trotz der Corona-Krise halten?

Nein. Es hat wegen Corona zuletzt auch nicht die nötigen Schulungen gegeben. Aufgrund der Umstände wird der VAR aus meiner Sicht nicht vor Sommer 2021 starten können.

Die Langversio­n des Interviews lesen Sie auf kurier.at

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 ??  ?? Christian Ebenbauer, 44, war Rapid-Nachwuchss­pieler, ist ausgebilde­ter Jurist und seit 2014 Vorstand der Bundesliga
Christian Ebenbauer, 44, war Rapid-Nachwuchss­pieler, ist ausgebilde­ter Jurist und seit 2014 Vorstand der Bundesliga

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