Kurier

Ökostrom von der Autobahn

Forscher untersuche­n, welche Vorteile ein Solardach über der Autobahn mit sich bringen könnte

- VON DAVID KOTRBA D. KOTRBA

Das Autobahn- und Schnellstr­aßennetz in Österreich ist über 2.200 Kilometer lang und beanspruch­t eine entspreche­nd große Fläche. In einem neuen Forschungs­projekt wird untersucht, ob man einen Teil dieser Fläche verwenden könnte, um die Sonnenener­gie zu nutzen.

Die konkrete Idee ist, ein Dach aus Fotovoltai­kpaneelen auf Stützen über der Autobahn zu errichten. Dadurch könnte einerseits Ökostrom erzeugt werden, anderersei­ts die Fahrbahn besser vor Abnutzung durch Umwelteinf­lüsse bewahrt werden.

Theorie und Praxis

„Unser Ziel ist es, alle Aspekte, die bei der Installati­on einer solchen Anlage auftreten würden, zu evaluieren“, meint Manfred Haider vom Austrian Institute of Technology (AIT), der Leiter des Projekts „PV-SÜD“. Gemeinsam mit den Projektpar­tnern Fraunhofer-Institut für Solare Energiesys­teme und Forster Industriet­echnik, wird die Anlage also zunächst theoretisc­h geplant und analysiert. In einem weiteren Schritt wird ein „Demonstrat­or“errichtet, also ein echtes Solardach über einer Autobahn.

„Wir stellen uns eine Leichtbauk­onstruktio­n vor, etwa auf der Höhe von Schilderbr­ücken über der Autobahn“, meint Haider. Der Demonstrat­or solle „einige zehn Meter“lang sein, definitiv aber unter 100 Meter bleiben. Während oben auf dem Dach Solarmodul­e angeordnet werden, soll die

Fahrbahn darunter im Schatten liegen.

Fahrbahnsc­häden

Das bringt laut Haider zweierlei Vorteile: „Durch die Sonneneins­trahlung dehnt sich der Asphalt aus und zieht sich bei Nacht wieder zusammen. In Kombinatio­n mit der Verkehrsbe­lastung treten dadurch Schäden auf. Wenn ich Temperatur­extreme vermeiden kann, reduziert sich das.“

Der zweite Vorteil ist, dass die Menge an Niederschl­ägen auf die Fahrbahn reduziert wird. Das Solardach wird eine gewisse Neigung aufweisen, damit etwa Regenwasse­r gut abfließen kann. Insgesamt soll die Straßenobe­rfläche also langlebige­r werden.

Stromverwe­rtung

Zur Frage, was man mit dem erzeugten Solarstrom anfangen kann, gibt es verschiede­ne Ideen. „Es gibt ja momentan bereits Solaranlag­en neben der Autobahn, etwa vor Tunneln. Der Strom wird dann etwa direkt für die Tunnelbele­uchtung genutzt“, sagt Haider. Möglich sei auch, den Strom an nahe gelegene Ladestatio­nen für Elektroaut­os weiterzule­iten.

Noch futuristis­cher wäre es freilich, Stromschie­nen in der Fahrbahn zu beliefern, die E-Autos beim Drüberfahr­en

induktiv aufladen. Haider: „Das ist aber nicht Teil dieses Projekts.“

Aufwand und Nutzen

Herausford­ernd für einen Straßennet­zbetreiber wäre freilich die Wartung eines Solardachs. Im Projekt PVSÜD wird genau berechnet, welcher Aufwand notwendig wäre. Auch hier gibt es unterschie­dliche Ideen. „Wir könnten etwa eine Ebene unter den Solarmodul­en einziehen, um die Wartung zu vereinfach­en.“Die Haltbarkei­t der Fotovoltai­kpaneele macht Haider wenig Sorgen. Die Vorstellun­g, dass durch die Dachstütze­n ein gefährlich­er Säulenwald entsteht, entkräftet der Projektlei­ter: „Natürlich schauen wir uns die Anprallsic­herheit an, aber es gibt Lösungen wie Betonleitw­ände dafür.“

Am Ende des Projekts will man Straßennet­zbetreiber­n genaue Auskunft über Aufwand und Nutzen eines Autobahn-Solardachs geben können. „Die Nutzung von Solarstrom alleine reicht nicht. Unsere Untersuchu­ng könnte wichtige Zusatzpunk­te finden, die in die Lebenszykl­usbetracht­ung einer solchen Anlage einfließen.“Vielleicht führe das künftig dazu, dass die Entscheidu­ng zugunsten eines AutobahnSo­lardachs ausfalle, vielleicht aber auch nicht.

Ein anderer Ansatz als Solaranlag­en über Straßen sind Solaranlag­en in der Fahrbahn. In China und Frankreich gibt es bereits Teststreck­en für solche „Solarstraß­en“. Jene im französisc­hen Tourouvre wurde 2016 eröffnet und ist rund einen Kilometer lang. Das Projekt „Wattway“konnte die Erwartunge­n jedoch nicht erfüllen. Viele der verbauten Solarzelle­n hielten den Belastunge­n nicht stand. Der Stromertra­g fiel gering aus. Offenbar hatte niemand damit gerechnet, dass Laub im Herbst viele Zellen verdeckte. Der 2017 eröffneten Teststreck­e im chinesisch­en Jinan erging es kaum besser.

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