Kurier

„Erfolg ist eine trügerisch­e Sucht“

Julian le Play über die Schaffensk­rise, Fernreisen, Tonstudios im Kambodscha und das Album „Tandem“

- VON BRIGITTE SCHOKARTH

„Ich habe immer gedacht, die Inspiratio­n ist eine Quelle, die ewig sprudelt. Und das war bei den ersten drei Alben ja auch so.“

Im Dezember 2017 erlebte Julian le Play allerdings seine erste Schaffensk­rise. Er wollte neue Songs schreiben, aber es fiel ihm nichts ein. Dass er trotzdem heute, Freitag, das Album „Tandem“veröffentl­icht, mit dem er erstmals Songs mit anderen Musikern geschriebe­n und elektronis­che Elemente in seinen Singer/Songwriter-Sound eingebaut hat, hat der 29Jährige unter anderem der Initiative seiner Schwester zu verdanken.

„Sie hat gemerkt, dass es mir nicht gut geht“, erzählt der als Julian Heidrich geborene Wiener im Interview mit dem KURIER. „Ich war gerade von einer Tour zurückgeko­mmen, was immer ein kleines Tief bedeutet. Draußen war es kalt, und ich war auch noch frisch umgezogen. Meine Schwester war auf Sri Lanka auf Rundreise und sagte: ,Komm einfach her!‘ “

Le Play nahm die Einladung an – und das erste Mal auf einer seiner Reisen kein Instrument mit. „In einem Hotel stand ein Klavier, das ich dann schon gespielt habe. Aber sonst waren wir dort als Rucksackto­uristen im Dschungel unterwegs. Wir besuchten buddhistis­che

Tempel, Tee-Plantagen und waren am Meer. Es war herrlich. So, dass ich danach auch noch nach Bali gefahren bin. Und nach dieser Auszeit ging es mir viel besser.“

Erinnerung­en an diese Zeit finden sich auf Songs wie „Stein ins Meer“oder „Millionär“und „Still“. Dass die jetzt auch elektronis­ch interpreti­ert werden, liegt daran, dass le Play nach der Auszeit beschloss, jede Einladung für eine Zusammenar­beit anzunehmen – auch, wenn er den Einladende­n nicht kennt.

Electronic­a

Der erste Anfrage kam von Johannes Römer aus Bayreuth, der ihn über Instagram kontaktier­te und Electronic­aSounds-produziert­e,

die le Play spannend fand. „Johannes fragte gleich: ,Werden deine Fans so einen elektronis­chen Sound annehmen?‘ Ich hab gesagt: ,Das weiß ich nicht, aber es ist so geil, wir machen das!‘ “

Die Zusammenar­beit mit der Rapperin Toksi für den Song „Hellwach“war schwierige­r zu organisier­en: „Sie war gerade auf Weltreise. Also habe ich mittels Google ein Studio in Kambodscha aufgetrieb­en, wo sie gerade war und das einsingen konnte. Ich war überrascht, wie profession­ell die Studios dort sind.“

Aus 15 ähnlichen Erfahrunge­n kristallis­ierte sich ein Kernteam von Mitstreite­rn heraus, darunter Filous und

Produzent Lukas Hillebrand. Mit ihnen zog sich le Play auf eine Hütte in Tirol zurück, um „Tandem“auszuarbei­ten.

In der Hütte entstand auch die Idee zur Gründung der „Villa Lala“, einem Kreativ-Zentrum mit Tonstudios und mehr als einem Dutzend Räumen für Songwritin­g und Vernetzung von Musikern und Produzente­n, um auch in Wien so arbeiten zu können.

Idyllisch

In einem Hinterhof mit idyllische­m Garten in der Maxingstra­ße gelegen, wurde die „Villa Lala“im Oktober eröffnet und sofort internatio­nal bekannt. Acts aus Deutschlan­d, den USA und England haben sich angemeldet.

So hat le Play seine Energie in dieses Projekt hineingest­eckt, als ihn Corona zwang, seine Frühjahrst­our abzusagen. Und er ist froh, auch dadurch die Inspiratio­n und Freude am Musikmache­n wiedergefu­nden zu haben.

„Ich bin mit steigendem Erfolg immer verbissene­r geworden. Denn der macht schon süchtig. Wenn du es einmal gut hingekrieg­t hast, willst du das immer wieder. Das ist aber eine trügerisch­e Sucht. Denn letztendli­ch sind es nicht die Zahlen und die vielen Fans, die dich glücklich machen, sondern die Abende, an denen du mit anderen zusammen kreativ bist. Gott sei Dank habe ich das mit ,Tandem‘ erkannt.“

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