Kurier

14 Jahre auf Bericht gewartet

Bericht zu Hubschraub­erabsturz verzögerte sich und beschäftig­t nun die Justiz.

- VON DOMINIK SCHREIBER UND KID MÖCHEL

Der US-Präsident hieß noch George W. Bush und SPÖChef Alfred Gusenbauer war auf dem Sprung zur Kanzlersch­aft. Am 15. Juli 2006 stürzte in Maria Lankowitz (Bezirk Voitsberg, Steiermark) Helmut Leitner mit seinem Hubschraub­er Bell 206L ab. Der Schaden betrug rund eine halbe Million Euro.

Bis heute ist unklar, wer das alles bezahlen muss. Nach 14 Jahren ist diese Woche nun endlich der Unfallberi­cht der Untersuchu­ngsstelle des Verkehrsmi­nisteriums (SUB) fertiggest­ellt worden. Doch damit gibt es immer noch kein Happy End, denn nun ermittelt auch die Staatsanwa­ltschaft.

Der Grund für diese „im negativen Sinne geradezu unglaublic­he Verfahrens­dauer“(O-Ton Volksanwal­tschaft) ist nur auf den ersten Blick rätselhaft. Denn Leitner, der 2015 auch vom Grazer Amokfahrer Alen R. beinahe getötet wurde, ist der festen Überzeugun­g, dass die Wartungsfi­rma von Diamond Aircraft einen Fehler begangen hat und damit Schuld an dem Unfall trägt.

Diamond bestreitet das vehement, aber zumindest dürfte es um diese Firma, die auch im militärisc­hen Bereich tätig ist, eine Art Schutzwall gegeben haben. Eine Absturzser­ie mit einer zweistelli­gen Zahl an Toten mit DiamondMas­chinen zu Beginn des Jahrtausen­ds ist bis heute nicht aufgeklärt. Insider der Untersuchu­ngsstelle berichtete­n dem KURIER, dass man derartige Unfälle intern nicht anfassen sollte.

Materialfe­hler

Dabei wäre dies im aktuellen Fall rund um Leitner vermutlich gar nicht notwendig gewesen. Mehr als 200 Seiten umfasst nun der druckfrisc­he SUB-Bericht, der hochtechni­sch gestaltet ist. Am Ende entlastet er die Wartungsfi­rma. Grund für den Absturz war demnach ein nicht vorhersehb­arer Materialfe­hler, ein Bruch des Turbinenra­des. Der Ministeriu­msbericht fußt auch auf einer Untersuchu­ng des Triebwerkh­erstellers.

Für Leitner, der gemeinsam mit der Volksanwal­tschaft und in mehreren KURIER-Berichten jahrelang für eine Veröffentl­ichung des Berichts gekämpft hat, ist die Sache damit aber noch nicht gegessen. Er ist weiter felsenfest der Überzeugun­g, dass der Hubschraub­er schon in der Luft zu brennen begonnen habe und nicht erst beim Aufschlag. Ursache dafür sei eine unsachgemä­ße Wartung im Vorfeld gewesen.

Die Causa ist auch bereits bei der Staatsanwa­ltschaft Wien anhängig, ein Gutachter des Gerichts prüft nun ebenfalls die Absturzurs­ache.

Leitner meint, dass seine Stellungna­hme nicht in den Abschlussb­ericht eingearbei­tet worden sei. Er will dazu nun eine weitere Sachverhal­tsdarstell­ung einbringen.

Geschredde­rtes Archiv

Die Untersuchu­ngsstelle des Verkehrsmi­nisteriums ist jedenfalls seit Jahren im Zentrum von Ermittlung­en der Justiz. Bis heute sind viele Berichte auch nach Jahren noch nicht erschienen, rund 100 Untersuchu­ngen von Unfällen mit Flugzeugen, Zügen oder Schiffen sind noch immer nicht abgeschlos­sen.

Außerdem sind Millionen in diesem Bereich versickert, bis heute ist nicht klar, wohin das Geld eigentlich geflossen ist. Grund dafür ist laut Behörden-Insidern auch, dass mutmaßlich­e Verantwort­liche des Skandals große Teile des Archivs der Behörde unmittelba­r vor einer Prüfung durch den Rechnungsh­of geschredde­rt haben.

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Leitner und seine Familie kämpften jahrelang für die Veröffentl­ichung des Berichts
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Teile des abgestürzt­en Hubschraub­ers Bell 206L

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