EU will legales Cannabis verbieten
Cannabis. Die EU-Kommission prüft derzeit, ob alle Produkte mit legalem CBD bald als Drogen gelten könnten
Die Europäische Kommission überlegt, nicht berauschende Produkte aus der Cannabispflanze ebenfalls unter das Suchtmittelgesetz zu stellen. Dann wären CBD-Produkte illegal und eine ganze Branche mit Millionenumsätzen plötzlich arbeitslos. Die Entscheidung soll in Wien fallen.
Während beispielsweise die USA die Gesetze bezüglich Cannabis immer weiter lockern, steuert die EU in die entgegengesetzte Richtung – und diese gefährdet einen ganzen Wirtschaftssektor. Laut einem Schreiben, das kürzlich an Hanfbauern in mehreren EU-Ländern erging, ist die Europäische Kommission der Auffassung, dass natürliche Hanfprodukte Suchtstoffe seien und daher nicht mehr legal verkauft werden dürften.
Konkret geht es um Erzeugnisse, die Cannabidiol, besser bekannt als CBD, enthalten. Dieser Stoff darf in Österreich legal konsumiert werden. Laut einer Studie von New frontier Data nutzen 40 Prozent der Konsumenten CBD-Produkte zur Schmerzlinderung, davon konnten 42 Prozent ein rezeptpflichtiges Medikament durch CBDProdukte ersetzen. New frontier Data ist ein unabhängiges Analyseunternehmen, welches sich auf die Cannabisindustrie spezialisiert hat – und die wächst weltweit immer stärker.
Wirtschaftsfaktor Hanf
Allein in Österreich erwirtschaftet die Hanfbranche rund 250 Millionen Euro jährlich. Sollte die EU nun CBDProdukte in die illegale Ecke stellen, würde das das Aus für die Branche bedeuten.
Die Problematik mit CBD ist, dass der Verkauf in Österreich seit jeher in einer rechtlichen Grauzone stattfindet. Die Produzenten züchten Pflanzen, deren THC-Gehalt unter 0,3 Prozent liegt. THC ist der berauschende Inhaltsstoff (siehe Grafik rechts). Zunächst wurden aus den Pflanzen CBD-Produkte wie Öle oder Sprays hergestellt und legal vertrieben. Die ehemalige Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) machte diese Produkte per Erlass aber illegal und hielt sich dabei an die Novel Food-Verordnung der EU. Seitdem werden die Produkte zwar weiter vertrieben, aber nicht als Lebensmittel, sondern etwa als Massage- oder Duftöle deklariert. Einfacher ist der Zugang zum Kraut, das man rauchen kann.
Viele CBD-Konsumenten wollen den Stoff aufgrund der negativen gesundheitlichen Folgen eben nicht rauchen, sondern ihn lieber in einer anderen Form zu sich nehmen. Sollte die EU ihre Meinung nicht ändern, dann müsste auf künstlich hergestellte CBD-Produkte zurückgegriffen werden, sprich nur Pharmakonzerne dürften den Stoff synthetisch produzieren.
Auf Unverständnis stößt das bei den Naturhanf-Produzenten: „Wir erforschen die Hanfpflanze schon lange, investieren hohe Summen in die Entwicklung neuer Techniken und schaffen Arbeitsplätze. Ich bin enttäuscht, dass die EU Entscheidungen trifft, ohne mit uns als Experten gesprochen zu haben. Ich wünsche mir eine transparente und evidenzbasierte Politik unter Einbindung aller Betroffenen“, sagt Andrea Bamacher, Gründerin und Geschäftsführerin von Deep Nature Project, einem Produzenten aus dem Burgenland.
Ob es wirklich so weit kommt, dass CBD zum Suchtgift erklärt wird, entscheidet sich Anfang Dezember in Wien. Dann tagt die UNODC, das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung in der UNO-City und könnte die Entscheidung fixieren. Um das zu verhindern, lud der italienische EU-Abgeordnete Dino Giarrusso die Mitglieder des EU-Parlaments ein, gemeinsam Widerspruch gegen die Kommission einzulegen.
Auch Blüten betroffen?
Dem Brief des Abgeordneten ist zu entnehmen, dass möglicherweise nicht nur Öle und andere CBD-Nahrungsmittel von der EU-Entscheidung betroffen wären, sondern auch die Rauchwaren illegal werden könnten. Beim CBDHändler „Dr. Greenthumb“, hofft man auf Sonderregelungen der österreichischen Regierung, wie Lukas Ipkovich sagt: „Im Moment ist es für Behörden noch sehr schwer, sich vernünftig zu orientieren, aber wir sind guter Dinge, dass die türkis-grüne Regierung sich nicht rückschrittlich verhalten wird, das wäre wirklich peinlich. Die Leute wollen Hanf und der wird kommen. Lobbys können das nur hinauszögern.“