Attergau mit Gotik-Genuss
Radausflug. Auf dem Römerradweg von Seewalchen nach Gampern und Vöcklamarkt – zurück mit der Bahn
Es gibt nicht viele Gründe, das einmalig türkisblau schimmernde Wasser des Attersees zur Sommerzeit zu verlassen. Den berühmten gotischen Flügelaltar in der Pfarrkirche im nahe gelegenen Gampern (Bezirk Vöcklabruck) zu besichtigen, ist jedenfalls einer. Von früher 2000 Flügelaltären in Oberösterreich ist er ein besonderes Juwel.
Um das Jahr 1500 von einem Passauer Domprobst in Auftrag gegeben, stellt der Altar je nach dem liturgischen Jahreskreis entweder geöffnet oder geschlossen Figuren aus der Heilsgeschichte sowie die Heiligen Katharina, Pantaleon, Remigius, Sebastian und Barbara dar. Höchst bemerkenswert ist das an der Rückseite angebrachte Bild des Jüngsten Gerichtes. Die Gestalten, von Engeln ermuntert, schicken sich an, den Himmel zu betreten. Sie erinnern frappant an Badende, die gerade aus dem Attersee steigen. Die Badebekleidung würde in einem Strandbad der heutigen Zeit als geradezu modern gesehen werden.
Dämonische Gestalten
Die Sünder auf der anderen Seite des Bildes werden dagegen von fratzenhaften dämonischen Gestalten in die ewige Verdammnis geführt. Sie erinnern an Darstellungen von Hieronymus Bosch.
Mit dem Fahrrad durchqueren wir von Seewalchen aus auf dem Römerradweg die sanft hügelige Landschaft durch den Attergau. Besonders idyllisch gestaltet sich die Strecke entlang der Dürren Ager. Nach ihrer Mündung in die Ager ist sie eine wichtige Wasserquelle für den Attersee. Kleine Ortschaften mit Bauernhöfen werden passiert. Streckenweise teilen wir die Route mit dem Jakobsweg und dem Jerusalem Way. Eine Katzenfamilie betrachtet interessiert die fremden Radler. Wir lassen immer wieder friedlich grasende Rinder hinter uns und treffen auf ein Bio-Getreidefeld. Dieses besitzt geradezu Seltenheitswert. Eine Vielzahl
von blühenden Pflanzen hat sich neben den blauen Kornblumen mit der dominierenden Sommergerste angefreundet. Dieses bunte Bild Natur unterscheidet sich wohltuend von den monoton einfärbigen Getreidefeldern, in denen jedes Beikraut eliminiert worden ist.
Der Römerradweg R6 führt uns schließlich nach Vöcklamarkt, wo wir samt unseren Rädern die Lokalbahn nach Attersee besteigen. Zugführerin Erika kennt die lange Geschichte der Schmalspurbahn. „Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurde die Bahn errichtet, um mit dem aufkommenden Fremdenverkehr eine Anbindung an die Bahnstrecke Linz – Salzburg zum Attersee zu ermöglichen. Anfangs war auch der Holz-, Düngerund Biertransport sehr wichtig.“
So gleiten wir auf der einen Meter breiten Spur in südlicher Richtung. Die schmale Gleisanlage hebt sich nur unwesentlich von der Landschaft ab, sodass es fast scheint, als führe man mitten durch die Wiesen.
Pures Landvernügen also. Dann taucht die majestätische Bergkette des Höllengebirges am Horizont auf. Ein Zeichen, dass wir uns wieder dem Attersee nähern. Diesen treffen wir an dieser Stelle allerdings nicht, sondern beenden die nostalgische Zugfahrt in der Ortschaft Palmsdorf. Auf dem R2, dem Salzkammergutradweg, gleiten wir mit Genuss und ohne PKW-Verkehr über Berg im Attergau nach Seewalchen, immer mit bestem Blick auf den Attersee.