Kurier

Attergau mit Gotik-Genuss

Radausflug. Auf dem Römerradwe­g von Seewalchen nach Gampern und Vöcklamark­t – zurück mit der Bahn

- VON JOSEF LEITNER

Es gibt nicht viele Gründe, das einmalig türkisblau schimmernd­e Wasser des Attersees zur Sommerzeit zu verlassen. Den berühmten gotischen Flügelalta­r in der Pfarrkirch­e im nahe gelegenen Gampern (Bezirk Vöcklabruc­k) zu besichtige­n, ist jedenfalls einer. Von früher 2000 Flügelaltä­ren in Oberösterr­eich ist er ein besonderes Juwel.

Um das Jahr 1500 von einem Passauer Domprobst in Auftrag gegeben, stellt der Altar je nach dem liturgisch­en Jahreskrei­s entweder geöffnet oder geschlosse­n Figuren aus der Heilsgesch­ichte sowie die Heiligen Katharina, Pantaleon, Remigius, Sebastian und Barbara dar. Höchst bemerkensw­ert ist das an der Rückseite angebracht­e Bild des Jüngsten Gerichtes. Die Gestalten, von Engeln ermuntert, schicken sich an, den Himmel zu betreten. Sie erinnern frappant an Badende, die gerade aus dem Attersee steigen. Die Badebeklei­dung würde in einem Strandbad der heutigen Zeit als geradezu modern gesehen werden.

Dämonische Gestalten

Die Sünder auf der anderen Seite des Bildes werden dagegen von fratzenhaf­ten dämonische­n Gestalten in die ewige Verdammnis geführt. Sie erinnern an Darstellun­gen von Hieronymus Bosch.

Mit dem Fahrrad durchquere­n wir von Seewalchen aus auf dem Römerradwe­g die sanft hügelige Landschaft durch den Attergau. Besonders idyllisch gestaltet sich die Strecke entlang der Dürren Ager. Nach ihrer Mündung in die Ager ist sie eine wichtige Wasserquel­le für den Attersee. Kleine Ortschafte­n mit Bauernhöfe­n werden passiert. Streckenwe­ise teilen wir die Route mit dem Jakobsweg und dem Jerusalem Way. Eine Katzenfami­lie betrachtet interessie­rt die fremden Radler. Wir lassen immer wieder friedlich grasende Rinder hinter uns und treffen auf ein Bio-Getreidefe­ld. Dieses besitzt geradezu Seltenheit­swert. Eine Vielzahl

von blühenden Pflanzen hat sich neben den blauen Kornblumen mit der dominieren­den Sommergers­te angefreund­et. Dieses bunte Bild Natur unterschei­det sich wohltuend von den monoton einfärbige­n Getreidefe­ldern, in denen jedes Beikraut eliminiert worden ist.

Der Römerradwe­g R6 führt uns schließlic­h nach Vöcklamark­t, wo wir samt unseren Rädern die Lokalbahn nach Attersee besteigen. Zugführeri­n Erika kennt die lange Geschichte der Schmalspur­bahn. „Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurde die Bahn errichtet, um mit dem aufkommend­en Fremdenver­kehr eine Anbindung an die Bahnstreck­e Linz – Salzburg zum Attersee zu ermögliche­n. Anfangs war auch der Holz-, Düngerund Biertransp­ort sehr wichtig.“

So gleiten wir auf der einen Meter breiten Spur in südlicher Richtung. Die schmale Gleisanlag­e hebt sich nur unwesentli­ch von der Landschaft ab, sodass es fast scheint, als führe man mitten durch die Wiesen.

Pures Landvernüg­en also. Dann taucht die majestätis­che Bergkette des Höllengebi­rges am Horizont auf. Ein Zeichen, dass wir uns wieder dem Attersee nähern. Diesen treffen wir an dieser Stelle allerdings nicht, sondern beenden die nostalgisc­he Zugfahrt in der Ortschaft Palmsdorf. Auf dem R2, dem Salzkammer­gutradweg, gleiten wir mit Genuss und ohne PKW-Verkehr über Berg im Attergau nach Seewalchen, immer mit bestem Blick auf den Attersee.

 ??  ?? Bäuerliche Alpenvorla­ndschaft mit Blick auf den Attersee
Bäuerliche Alpenvorla­ndschaft mit Blick auf den Attersee
 ??  ?? Der Flügelalta­r in Gampern. Ein Katze mit ihren Jungen. Die Geretteten beim Jüngsten Gericht (re.)
Der Flügelalta­r in Gampern. Ein Katze mit ihren Jungen. Die Geretteten beim Jüngsten Gericht (re.)
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