Kurier

Bestrafung? Bund bremst Linzer Seilbahn

Ministeriu­m verlangt neue Verkehrspl­anung

- VON PETRA STACHER

Oberösterr­eich. 283 Millionen Euro sind für das von der Stadt Linz vorangetri­ebene Seilbahn-Projekt von Ebelsberg über Voestalpin­e und Hafencity bis zum Pleschinge­r See vorgesehen. Davon will die Landeshaup­tstadt aber nur 20 Prozent bezahlen – 30 Prozent soll das Land Oberösterr­eich beisteuern, den Löwenantei­l von 50 Prozent der Bund.

Das Infrastruk­turministe­rium verlangt vor einer Entscheidu­ng über die Mitfinanzi­erung die Einbindung der Seilbahn in die Verkehrspl­anung des oö. Zentralrau­ms. Der Linzer Stadtchef Klaus Luger (SPÖ) sieht die Reaktion des Ministeriu­ms „als Bestrafung“, weil die Stadtregie­rung das geplante 1-2-3-Ticket kritisiert hatte.

30.000 Personen könnten auf einer Länge von 10,1 Kilometer von Ebelsberg bis zum Pleschinge­r See in Linz täglich in die Arbeit und wieder zurück pendeln – und zwar nicht am Boden, sondern in einer Höhe von bis zu 100 Metern.

Die Linzer Stadtregie­rung träumt schon länger von einer Stadtseilb­ahn, um den Straßenver­kehr im Süden der Stadt zu entlasten. Nun scheint der Traum – der ohnehin oft als Illusion abgetan wurde – in weite Ferne zu rücken: Denn das Infrastruk­turministe­rium unter der grünen Ministerin Leonore Gewessler gibt den Ball vorerst an das Land weiter.

Etwa 283 Millionen Euro würde das Projekt kosten. 20 Prozent hätte Linz selbst bezahlt, 30 Prozent hätte die Stadt vom Land gewollt und 50 Prozent vom Bund. „So wäre das für alle leistbar gewesen. Wenn der Bund nicht mitzahlt, ist es nicht finanzierb­ar“, sagt Bürgermeis­ter Klaus Luger (SPÖ) im KURIER-Gespräch. Unrealisti­sch wäre die vom Bund gewünschte Finanzspri­tze nicht, habe doch die schwarz-blaue Vorgängerr­egierung mit dem damaligen Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer (FPÖ) im Zuge der Verkehrsmi­lliarde eine 50-prozentige Unterstütz­ung für solche Projekte in Aussicht gestellt. Man sei davon ausgegange­n, dass mit einer grünen Ministerin die Stadtseilb­ahn nun Realität werden könnte.

Regierungs­programm

Im aktuellen türkis-grünen Regierungs­programm heißt es auch wortwörtli­ch: „Nutzung von Seilbahnen als Verkehrsmi­ttel werden begrüßt“– vor allem in urbanen Räumen. Die

Linzer Stadtregie­rung fühlt sich deswegen unfair behandelt. Denn immerhin hätten sie gute Vorarbeit geleistet: Eine Machbarkei­tsstudie wurde durchgefüh­rt. „Die grobe Planungsph­ase ist abgeschlos­sen“, sagte Vizebürger­meister und Verkehrsre­ferent Markus Hein (FPÖ) bereits Anfang Jänner. Insgesamt 167 Gondeln sollten auf der Strecke unterwegs sein. Jede davon bietet Platz für 35 Personen und ist mit Klimaanlag­e und WLAN ausgestatt­et. Neun Minuten würde etwa die Fahrzeit des ersten Streckenab­schnitts – Ebelsberg bis Voestalpin­e (Karte oben) – betragen.

„Wir haben bereits im Februar versucht, einen Termin bei der Frau Ministerin zu bekommen. Nach zwei Monaten Ignoranz

sagte sie einem Treffen auf Beamtenebe­ne zu. Die Ministerin selbst fand es anscheinen­d nicht interessan­t“, sagte Luger. Nun sei ihnen mitgeteilt worden, dass das Projekt in die gesamte Verkehrspl­anung des oberösterr­eichischen Zentralrau­ms eingeordne­t und zuerst mit dem Land OÖ abgesproch­en werden müsse.

„Henne-Ei-Problem“

Auf KURIER-Anfrage beim Infrastruk­turministe­rium heißt es dazu: „Das ist ein normales Prozedere. Wir können keine Einzelproj­ekte prüfen. Wichtig ist uns die Gesamtwirk­ung und Einbettung des Projekts.“

Das schmeckt der Linzer Stadtregie­rung aus zweierlei Hinsicht nicht: Erstens sei es unlogisch, die Seilbahn in andere Neuprojekt­e, wie der S6 und S7, die den Norden der Stadt entlasten sollen, einzubette­n, da es keine Anknüpfung­spunkte gäbe. Zweitens sei mit dem Land OÖ wiederum vereinbart, sich zuvor mit dem Bund abzustimme­n. „Unsere Priorität ist derzeit die Erweiterun­g des

S-Bahn-Netzes ins nördliche Mühlvierte­l (S6 und S7). Innerstädt­ische Projekte, wie die Seilbahn sind nicht beim Land angelagert. Wir hatten mit dem Projekt noch nie Berührungs­punkte“, heißt es aus dem Büro von Verkehrsla­ndesrat Günther Steinkelln­er (FPÖ).

„Ich fühle mich im Kreis geschickt“, sagt Luger. Auch Hein sieht ein „Henne-Ei-Problem“. Beide wittern aber auch noch etwas anderes: Eine Bestrafung durch Infrastruk­turministe­rin Gewessler. „Wir haben das geplante 1-2-3-Ticket aufgrund der damit entstehend­en Kosten kritisiert. Wir werden den Eindruck nicht los, dass wir nun abgestraft werden“, sagt Luger. Dabei bringe Linz als stärkste Industries­tadt die größte Steuerleis­tung.

Die Forderung des Bundes wird dennoch teilweise umgesetzt: „Wir werden eine ohnehin geplante Gesamtwirk­ungsprüfun­g machen, aber mit den für den Süden relevanten S-Bahnen 1 und 3“, sagt Hein. Die Stadt hält also an der Seilbahn fest – denn: Eine kostengüns­tigere Alternativ­e für den Süden gäbe es nicht.

Wiener Projekt

Ruhig geworden ist es hingegen um ein Seilbahn-Projekt auf den Wiener Kahlenberg, das seit fast einem Jahrzehnt immer wieder auftaucht. „Talstation“wäre der Bahnhof Heiligenst­adt. Nach einem kurzen Abstecher über die Donau nach Jedlesee und Strebersdo­rf würde die knapp 20-minütige Fahrt auf den Wiener Hausberg führen. Die privaten Betreiber veranschla­gten 40 bis 45 Millionen Euro an Baukosten und rechneten mit etwa 600.000 Fahrgästen pro Jahr. Gegen das Projekt regten sich jedoch massive Anrainer-Beschwerde­n.

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Ein Beispiel für die Gondel-Pläne nahm sich Linz an der deutschen Stadt Koblenz. Dort bewährt sich die Stadtseilb­ahn über den Rhein bereits seit 2010
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Klaus Luger fordert mehr Mut zu unkonventi­onellen Öffis

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