Kurier

Wo Politiker kandidiere­n – und wo sie in Wahrheit leben

Wo Strache wohnt, ist für seine Wien-Kandidatur entscheide­nd. Bei Nationalra­tswahlen gibt es viele Polit-Pendler – jedoch ganz legal

- VON RAFFAELA LINDORFER

Soll jemand, der gar nicht in Wien lebt, für die Bundeshaup­tstadt Politik machen?

Schwer vorstellba­r – und in Bezug auf die Wien-Wahl überhaupt verboten. Aktuell plagt sich Ex-FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache mit der Wohnsitzfr­age. Ihm wird ja vorgeworfe­n, er habe seinen Lebensmitt­elpunkt gar nicht in Wien (obwohl er hier geboren ist), sondern in seinem Haus in Klosterneu­burg.

Bei der Nationalra­tswahl spielt es im Gegensatz dazu keine Rolle, wo man gemeldet ist. Und das, obwohl es Regional- und Landesmand­ate

gibt, für die sich ein Volksvertr­eter bewerben kann.

Heißt: Zwischen dem Ort, den ein Volksvertr­eter im Parlament repräsenti­ert, und dem Ort, an dem er lebt, einkaufen geht und Freunde trifft, dürfen auch große Distanzen liegen.

Das trifft auf einige Kandidaten der Nationalra­tswahl 2019 auch zu. Der KURIER hat einige Polit-Pendler herausgesu­cht:

Im Hause Strache ist Heinz-Christian nicht der Einzige, dessen Eintrag im Melderegis­ter Fragen aufwirft: Seine Ehefrau Philippa Strache hat 2019 für die Wiener Landeslist­e der FPÖ auf Platz 3 kandidiert. Als Wohnort ist bei ihr jedoch „7100 Neusiedl am See“angegeben. Dort soll sie

mit ihrem früheren Freund gewohnt haben.

Leonore Gewessler, heute grüne Infrastruk­turministe­rin, hat auf Platz 2 der oberösterr­eichischen Landeslist­e kandidiert und war Erste im Wahlkreis Linz. Dabei ist Gewessler eine gebürtige Grazerin, die in Wien-Ottakring wohnt. In ihrem Büro erklärt man dazu, sie habe damals als Global-2000-Chefin einen „engen berufliche­n Bezug“zu Oberösterr­eich gehabt.

Karl Mahrer, Ex-PolizeiViz­epräsident, kandidiert­e 2019 auf Platz 3 der Wiener ÖVP-Landeslist­e, wohnte damals aber in Perchtolds­dorf, Niederöste­rreich. Mahrer kandidiert nun bei der WienWahl und ist mittlerwei­le nach Wien gezogen. Es geht auch umgekehrt – mit Wienern, die auf der niederöste­rreichisch­en Landeslist­e kandidiere­n: Sonja Hammerschm­id, SPÖ, stand auf NÖListenpl­atz 2, sie wohnt aber in 1230, Wien-Liesing. Apropos Wien-Liesing:

Doris Bures, Zweite Nationalra­tspräsiden­tin (SPÖ), ist dort seit mehr als zehn Jahren Bezirkspar­teiobfrau und hat für den Regionalwa­hlkreis Süd-West auf Platz 1 kandidiert. Wohnhaft ist sie in der Josefstadt, 1080 Wien.

Bei der Liste Jetzt waren mehrere Kandidaten bunt auf die Landeslist­en verstreut. Bei den Neos gibt es auch ein paar Ausreißer. Bei beiden sind es aber keine prominente­n Namen.

Und der Spitzenkan­didat der Bier-Partei, die 2019 nur in Wien am Wahlzettel stand,

Dominik Wlazny, ist eigentlich in 2020 Hollabrunn wohnhaft.

Erlaubt ist das alles. Was aber nicht geht: „Man darf seinen wahren Wohnort nicht am Wähler vorbeischm­uggeln“, sagt Robert Stein, für Wahlen zuständige­r Abteilungs­leiter im Innenminis­terium. Bei jedem Kandidaten muss auf der Wahlliste die Postleitza­hl ersichtlic­h sein. Diese wird vorab auch kontrollie­rt. Eine falsche Angabe wäre ein Meldeverge­hen und wird mit Geldstrafe geahndet.

Eine Geldstrafe dürfte für Strache eine geringe Sorge sein. In Wien hängt vom Wohnort die Kandidatur ab.

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Doris Bures trat in Wien-Liesing an, wohnt aber in der Josefstadt
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Philippa Strache kandidiert­e in Wien, ihre Adresse war Neusiedl

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