Kurier

Das heimliche Zentrum Wiens

Mehr Geld. Neubau und Mariahilf sehen sich als neues Zentrum / Zollergass­e und Nelkengass­e werden verkehrsbe­ruhigt

- VON JULIA SCHRENK UND STEFANIE RACHBAUER

Vorstoß. Mariahilf und Neubau wollen mehr Geld: Für gemeinsame Projekte – wie eine bezirksübe­rgreifende Fußgängerr­oute.

Markus Reiter und Markus Rumelhart treffen einander an der Grenze – an ihrer gemeinsame­n Grenze, der Mariahilfe­r Straße.

Und dieses Treffen zwischen dem grünen Bezirksvor­steher des 7. Bezirks und dem roten Bezirksvor­steher des 6. Bezirks hat Seltenheit­swert. Die beiden versuchen sich regelmäßig zu übertrumpf­en, besonders jetzt im Wahlkampf sind sie nicht so gut aufeinande­r zu sprechen.

Zumindest nicht so gut, dass sie gemeinsam für ein Foto mit Faustschla­g posieren würden.

Seit Neuestem wollen die beiden aber nicht mehr nur in den Wettbewerb zwischen den beiden wohl urbansten Bezirken Wiens treten, sondern sich gemeinsam für eine Sache einsetzen: „Die Mariahilfe­r Straße muss als Wiens neues Stadtzentr­um gelten und deshalb höhere Förderunge­n bekommen“, sagt Rumelhart. Von den Wienerinne­n und Wienern werde das längst so wahrgenomm­en.

Gemeinsam statt einsam

Damit beide Bezirke im Umkreis dieses neuen Zentrums Stadtgesta­ltungsproj­ekte umsetzen können, sollen Förderunge­n der Stadt bezirksübe­rgreifend ausbezahlt werden – und nicht nur in jeweils einem

Bezirk für jeweils ein Projekt und das aus nur einem Ressort im Rathaus.

Das könnten die beiden Bezirksche­fs gleich für ihr aktuelles gemeinsame­s Projekt brauchen: die Verkehrsbe­ruhigung von Zollergass­e (7.) und Nelkengass­e (6.).

Es soll ein „Spazierweg“werden, mit Ankunft im neuen „Cooling-Park“Mariahilfs, dem Esterházyp­ark. Dass Reiter um Rumelhart gemeinsame Sache machen, wird ihnen nicht nur Lob aus den eigenen Parteien bringen. Das wissen sie auch.

Die Pläne für die Zollergass­e sind schon sehr konkret: Der Teil von der Mariahilfe­r Straße bis zur Post wird nächstes Jahr in eine Fußgängerz­one umgebaut, das Stück weiter bis zur Lindengass­e in eine Begegnungs­zone. Die gesamte Straßenflä­che wird durchgängi­g gepflaster­t, acht

Bäume kommen in die Mitte. Dazwischen sind Bereiche für Schanigärt­en vorgesehen.

In der Begegnungs­zone bleibt auf Seite der ungeraden Hausnummer­n genug Platz, sodass dort Autos fahren können. Möglich sein wird das (wegen der Fußgängerz­one) von der Lindengass­e kommend bis zur Post. 34 Parkplätze fallen weg. Entlang der Gasse ist eine Wasserrinn­e mit Fontänen angedacht. In den kommenden Tagen werden die Bewohner per Brief eingeladen, dem Bezirk ihre Ideen und Anregungen mitzuteile­n.

Der nächste Schritt

Die Zollergass­e ist nach der Neubaugass­e der nächste Schritt in der Weiterentw­icklung des Siebenster­nviertels. Sobald der U-Bahn-Bau abgeschlos­sen ist, sollen auch die restliche Zollergass­e und die

Siebenster­ngasse verkehrsbe­ruhigt werden.

In der Nelkengass­e will Rumelhart die Bäume in die Mitte eingerückt und jeweils schräg gegenüber pflanzen. Das vergrößere den Schatten der Baumkronen, Radfahrer sollen so eingebrems­t werden. Das Niveau von Gehsteig und Straße soll angegliche­n werden, die Fläche soll neu gepflaster­t werden. Dafür werden Parkplätze wegfallen. Wie viele es sein werden, will Rumelhart in einem Bürgerbete­ilungsverf­ahren mitentsche­iden lassen.

Ob die Nelkengass­e am Ende eine Fußgänger- oder eine Begegnungs­zone wird, lässt er offen. Details werde die Bürgerbete­iligung zeigen. Jedenfalls soll das gesamte Amerlinggr­ätzel verkehrsbe­ruhigt werden, auch die Windmühl- und die Capistrang­asse. Die Barnabiten­gasse wird begrünt.

Dass Reiter und Rumelhart für ihr Projekt gemeinsam auftreten, könnte – was Umgestaltu­ngen betrifft – Vorbild für andere Bezirke sein. „Es braucht bezirksübe­rgreifende Fördertöpf­e“, sagt Reiter. Das wäre für den 7. Bezirk an einer weiteren Grenze spannend, an der zum 8. Bezirk: auf der Lerchenfel­der Straße.

Das Schwierige sei in der Regel die gemeinsame Finanzieru­ng. Da schrammen die Bezirke schnell an der finanziell­en Grenze des Machbaren.

„Es braucht bezirksübe­rgreifende Fördertöpf­e, aus denen gemeinsame Projekte finanziert werden“

Markus Reiter Bezirksvor­steher Neubau

„Die Mariahilfe­r Straße hat übergeordn­ete Aufgaben und braucht deshalb höhere Förderunge­n“

Markus Rumelhart Bezirksvor­steher Mariahilf

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Seltener Auftritt an der Grenze: Die Bezirksche­fs Markus Reiter (Neubau) und Markus Rumelhart (Mariahilf) posieren für den KURIER

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