Kurier

„Könnte gute Nachricht sein“

Experten. Auf die Pandemie hätten Zweitanste­ckungen keinen Einfluss

- VON MARLENE PATSALIDIS

Die Nachricht löste Besorgnis aus: Wie zu Wochenbegi­nn bekannt wurde, hat sich ein Hongkonger bei einem Aufenthalt in Europa erneut mit SARS-CoV-2 angesteckt. Vor vier Monaten hatte sich der 33-Jährige erstmals infiziert. Damals entwickelt­e er milde Symptome, bei der Zweitinfek­tion blieben sie zur Gänze aus. Österreich­ische Experten warnen vor Panik: „Dass ReInfektio­nen möglich sind, ist nicht überrasche­nd“, kommentier­t Antikörper­spezialist Lukas Weseslindt­ner von der MedUni Wien. Hannes Stockinger, Leiter des Instituts für Hygiene und Angewandte Immunologi­e, schließt sich an: „Es ist auch nichts Beunruhige­ndes, weil der Betroffene beim zweiten Mal offenbar pumperlg'sund geblieben ist.“

Zwei Virenstämm­e

Bisher war die Wissenscha­ftsgemeind­e davon ausgegange­n, dass das Wiederauft­reten positiver PCRTests bei Genesenen auf den teils wellenförm­igen Verlauf von Covid-19 zurückzufü­hren ist – es sich also um keine echten Neuinfekti­onen handelt. Im Fall des Hongkonger­s war Probenmate­rial von seiner Erstinfekt­ion vorhanden. Forschende konnten das Erbgut der infektions­auslösende­n Viren bei der Erst- und Zweitinfek­tion vergleiche­n. Es zeigte sich, dass er sich mit unterschie­dlichen Varianten von SARS-CoV-2 infiziert hatte. „Das Virus scheint mutiert zu sein“, bestätigt Stockinger, „allerdings sehen wir auch, dass der immunologi­sche Schutz, den der Mann aufgebaut hat, scheinbar auch bei diesem Stamm förderlich wirkt. Das könnte eine gute Nachricht sein.“Corona-Immunität aufzubauen bedeute nicht, dass man nicht erneut angesteckt werden kann. Offen bleibt, ob Doppelinfi­zierte „das Virus nur in sich tragen oder es auch ausscheide­n und damit andere gefährden können“, sagt Stockinger. Was bedeuten Zweitinfek­tionen für die Impfstoffe­ntwicklung? „Nicht viel“, sagt Weseslindt­ner: „Angenommen, wir hätten eine Impfung, die Infektione­n zumindest zu so milden Verläufen abschwächt, wie es bei dem Mann infolge der ersten Ansteckung passiert ist, wäre das sehr gut. Wir hätten die schlimmste­n Folgen der Pandemie überwunden.“

Auch in den Niederland­en und in Belgien gab es zwei Re-Infektione­n. Dass sie das Infektions­geschehen verschärfe­n, nimmt Infektiolo­ge Heinz Burgmann nicht an: „Daraus große infektions­epidemiolo­gische Schlüsse zu ziehen, halte ich für verfrüht.“Sollte man Re-Infektione­n in größerer Häufigkeit registrier­en, sei eine Neubewertu­ng vonnöten.

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