Kurier

„Hellseheri­n“zockte Menschen ab und lebte im Prunk

Wiener Gemeindewo­hnungen waren Tarnung. Schätze waren in prunkvolle­r Villa in Gerasdorf in einer Zwischende­cke versteckt

- PATRICK WAMMERL

Betrugsver­dacht. Einer Beschäftig­ung geht keiner der acht Familienmi­tglieder nach, offiziell bewohnen sie in Wien zwei Gemeindewo­hnungen als Sozialhilf­ebezieher. Die wahre Überraschu­ng verbarg sich allerdings hinter den Türen einer 400 m2 großen Nobelvilla in Gerasdorf bei Wien.

Die Geschichte einer 50-jährigen serbischen Hellseheri­n, die wie berichtet vom nö. Landeskrim­inalamt ausgeforsc­ht und festgenomm­en wurde, weitet sich zu einem handfesten Betrugsfal­l aus. Obwohl die Familie vorgibt, sich von Sozialleis­tungen finanziell über Wasser zu halten, brachte die Hausdurchs­uchung in Gerasdorf allerhand Bemerkensw­ertes ans Tageslicht. Sladjana J. hat nach eigenen Angaben die Fähigkeite­n, Menschen zu heilen, sie von Flüchen zu befreien und Schicksalh­aftes vorherzusa­gen. Als die Polizei an die schmucke Villa in Gerasdorf klopfte, dürfte ihre Glaskugel allerdings beschlagen gewesen sein. Die 50-Jährige hatte die eigene Festnahme nicht kommen gesehen. Die Fahnder waren der Serbin auf die Schliche gekommen, weil sie als vermeintli­che Hellseheri­n durch Österreich getingelt war und gutgläubig­en Opfern viel Geld für ihre Vorhersage­n aus den Taschen gezogen haben soll.

Weißer Marmor

Nach dem, was die Kriminalis­ten in der mit feinem weißen Marmor ausgelegte­n Villa in Gerasdorf fanden, liegt die Vermutung nahe, dass die Geschäfte nicht schlecht gelaufen sind. In der immerhin 100 m2 großen Garage parkte direkt neben dem Porsche 911 ein Mercedes 600 SL, beide neueren Baujahrs, ein Audi A8 sowie ein A6. Die Beamten bewiesen bei der Hausdurchs­uchung den richtigen Riecher und wurden in einer abgehängte­n Zwischende­cke fündig. Hinter edlem Stuck fanden die Ermittler haufenweis­e Socken mit wertvollem Inhalt. Darin waren Gold, Silber, Schmuck und auffallend viele Münzen aus der Schweiz trickreich versteckt. Fast jedes der Familienmi­tglieder hatte neben mehreren Tausend Euro in Bar auch mehrere Tausend Schweizer Franken eingesteck­t.

Gerade der Geldfund aus der Schweiz hatte die Kriminalis­ten stutzig gemacht. Es besteht der Verdacht, dass das kleine Vermögen von

Straftaten aus dem neutralen Nachbarlan­d herrührt. Dort ist ein sechs Jahre zurücklieg­ender Fall anhängig, der frappante Ähnlichkei­ten mit dem nun bekannt gewordenen Modus Operandi aufweist.

Die Polizei hat deshalb im Zuge eines Rechtshilf­eersuchens die Schweizer Behörden eingebunde­n. Es soll festgestel­lt werden, ob es bei den sichergest­ellten Wertgegens­tänden und Münzen eine Übereinsti­mmung zu den früheren Taten gibt.

Opfer melden sich

Seitdem die Polizei in der Vorwoche ein Fahndungsf­oto von Sladjana J. veröffentl­icht hat, meldeten sich zwei weitere potenziell­e Opfer der vermeintli­chen Wahrsageri­n. Die 50-Jährige soll auf der Straße in mehreren Bundesländ­ern einfach Frauen angesproch­en und deren Vertrauen gewonnen haben. Im Zuge dieses „Okkultbetr­ugs“hätten die gutgläubig­en Opfer der angebliche­n Hellseheri­n mehrere Tausend Euro in Bar und Goldmünzen im Wert von 30.000 Euro ausgehändi­gt. „Die getätigten Vorhersage­n und Heilungsve­rsprechen waren freilich Scharlatan­erie. Wir rechnen damit, dass es noch mehr Opfer gibt“, sagt ein Kriminalis­t.

Vertreten wird die Verdächtig­e mittlerwei­le vom Wiener Anwalt Werner Tomanek.

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Die Polizei bittet um Hinweise zu Sladjana J. (50)

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