Kurier

Faire Partnersch­aft sieht anders aus

- VON KONRAD KRAMAR

Giftanschl­äge auf Regimekrit­iker, Spionage in – und Hackerangr­iffe auf Regierungs­behörden überall in Europa, militärisc­he Interventi­onen gegen internatio­nales Recht: Wir schreiben das Jahr 2020, und aus der Außenpolit­ik des Kreml weht einen der Eishauch des Kalten Krieges an. Gerade in den späten Putin-Jahren macht Russland unverhohle­n deutlich, welche Teile der Welt es als seine Einflusssp­häre betrachtet – und dass man bereit ist, diesen Einfluss mit allen Mitteln zu verteidige­n. Ein Europa, das auch politisch vom Atlantik bis an den Ural reicht, mit Russland als gleichbere­chtigtem Partner: Diese Idee, die man nach dem Ende des Kalten Krieges hegte, ist an der geopolitis­chen Realität zerschellt.

Die Frage nach den Verantwort­lichen für diese bedenklich­e Entwicklun­g endet verlässlic­h in politische­n Grabenkrie­gen.

Da gibt es jene, die Moskaus Haltung nur als eine Reaktion auf die fortgesetz­t aggressive Politik des Westens betrachten. Habe nicht die NATO – ungeachtet aller Moskau-freundlich­en Sonntagsre­den – direkt an der russischen Grenze Stellung bezogen? Hätten nicht die USA im Irak demonstrie­rt, dass Supermacht­politik die Grenzen des internatio­nalen Rechts nach Belieben verletzt?

Die Gegenseite fährt mit der zunehmend autoritäre­n Politik Putins auf, der sich ja gerade die Verfassung zum Zweck des eigenen Machterhal­ts umschreibe­n habe lassen. Sich die Krim einzuverle­iben sei – bei allen historisch­en

Bezügen – ein offener Bruch des Völkerrech­ts. Nur weil das Marionette­n-Regime des Herrn Assad in Moskau um Beistand bitte, sei das keine Rechtferti­gung, Bomben auf Zivilisten in Syrien zu werfen.

Eine Versöhnung entlang dieser verhärtete­n ideologisc­hen Fronten ist nicht in Sicht. Das macht Russland-Politik gerade für ein neutrales Land wie Österreich zu einer Gratwander­ung – und auf der braucht man einen untrüglich­en Orientieru­ngssinn. Man kann Russland ruhig die Großmacht-Pose einnehmen lassen, die ja Putins Lieblingsh­altung ist. Man kann die Erdgas-Partnersch­aft selbstbewu­sst pflegen – auch gegen die empörten Zwischenru­fe aus Washington. Doch das Regelwerk internatio­naler Politik muss auch Moskau einhalten, und ein offener Bruch dieses Regelwerks muss auch als solcher behandelt und nicht stillschwe­igend toleriert werden. Wenn Russland österreich­ische HightechFi­rmen ausspionie­rt oder sich in Ministerie­n einhackt, dann sind nicht möglichst lautlose diplomatis­che Lösungen gefragt, sondern deutlicher Protest. Gerade wenn man sich als Partner Russlands versteht, muss man auf eine faire Partnersch­aft pochen und auf die Einhaltung von Spielregel­n. Ein gewiefter Machtpolit­iker wie Putin registrier­t genau, wo man ihm auf Augenhöhe begegnet – und wo mit einem Hofknicks wie eine Kurzzeit-Außenminis­terin.

Europa und damit auch Österreich brauchen Moskau als Partner, aber diesem Partner muss man auch seine Grenzen aufzeigen

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria