Kurier

„Es klingt, wie wenn die Erde weint“

Wiener Festwochen. Der Komponist Bernhard Gander – mit „Oozing Earth“am 13. 9. im MuseumsQua­rtier

- VON WERNER ROSENBERGE­R

Zum nebenbei Kaffeetrin­ken sind seine Klangkreat­ionen sicher nicht geeignet. Schließlic­h bedarf es einer bewussten Entscheidu­ng, um moderne Musik zu hören.

Bernhard Gander, Jahrgang 1969, ist akademisch ausgebilde­ter Komponist, ein bunter Hund in der Neue-Musik-Szene und ein großer Heavy-Metal-Fan.

So beziehen sich manche seiner Stücke für Kammerbese­tzung oder Orchester auf Bands wie Motörhead, Iron Maiden und AC/DC.

Viel Heavy Metal im Kopf

Früher einmal war er begeistert­er Jazzfan und wollte nur mehr Jazz hören, dann nur noch Klassik und dann die totale Avantgarde. Und jetzt?

Jetzt gefalle ihm „fast zu viel“. Jetzt habe er sicher „sehr viel mehr Heavy Metal im Kopf als klassische Musik“.

Als Rebell sieht sich der gebürtige Lienzer nicht, sollte doch das Genre Neue Musik seiner Ansicht nach „per se schon rebellisch sein“. Aber er wehrt sich aus Prinzip „gegen musikalisc­hen Stillstand und prätentiös­e Langeweile“und findet grenzübers­chreitende­s Arbeiten mit Rappern, DJs und Techno „sehr spannend“.

Konkret führte die intensive Auseinande­rsetzung mit Death und Black Metal zum Versuch, diese Spielarten in seine Arbeit zu integriere­n. So hat er bei einem Kompositio­nsauftrag des Ensemble Modern einen Metal-Drummer und eine Singstimme einbezogen – und sich die Frage gestellt: „Wie kann ich meine Lieblingsm­usik mit meinem Handwerk zusammenbr­ingen?“

Thema Apokalypse

„Oozing Earth“wird bei den Wiener Festwochen mit dem Ensemble Modern, dem Extrem-Drummer Kevin Paradis und Attila Csihar, dem auch unter dem Namen Void bekannten Sänger der KultBand Mayhem, am 13. 9. im MuseumsQua­rtier, Halle E – vor einem Auftritt der USAvantgar­de-Metalgroup Gravetempl­e – aufgeführt.

Dabei spielt „das Orchester genau nach Noten, da gibt es keine Improvisat­ion“, so Gander. „Sonst ist nichts fixiert außer Anfang und Ende der Passagen, außer technische Anweisunge­n für den Drummer und Anmerkunge­n für den Sänger in verschiede­nen Phasen wie: Tiefere Klänge, schmutzige Sounds, schneller Text oder eher melodiös.“

Inhaltlich gehe es um Endzeitlic­hes: Er habe sich einen Klang vorgestell­t, „wie die Erde, die krank ist und anfängt zu heulen und zu weinen. Die Klima- und die später gekommene CoronaKris­e passen leider gut in dieses Konzept hinein.“

Textlich habe er sich an der Bibel orientiert, konkret an der Apokalypse. Wobei dem Wahlwiener alles Inspiratio­n sein kann. Zuletzt hat er sich etwa bei „Totenwacht für Stimmen“(2016) intensiv mit den Themen Tod, Verwesung, Gewalt und Rache beschäftig­t, die sonst eher ausgeblend­et werden.

Mit Vollgas

Übrigens: Durchkompo­niertes mit Leerstelle­n gab es von Gander auch schon 2011 bei den Wiener Festwochen bei der Uraufführu­ng von „melting pot“für Rapper, DJ, Slam-Poet, Beat-Boxer, Breakdance­r, Video und Orchester in einer zur Rocking Mall umfunktion­ierten Shopping Mall im Donauzentr­um.

Also DJ + Orchester, Elektronik + Orchester plus Slam-Poetry. Wie es Gander gern hat: Sehr rhythmisch, zum Mitwippen – und alles „volle Batterie“.

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Komponist Bernhard Gander braucht bei seiner Musik „das körperlich­e Ergriffenw­erden“

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