Kurier

Ex-FBI Chef rechnet mit Donald Trump ab

James Comey vergleicht den aktuellen US-Präsidente­n mit einem Mafia-Paten

- REUTERS / CLODAGH KILCOYNE

James Comey, ehemaliger FBIDirekto­r unter den US-Präsidente­n Obama und Trump, nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Der 59-Jährige, den Trump 2017 feuerte, weil er sich geweigert hatte, dem neuen Präsidente­n nach dem Mund zu reden, spricht offen über die Ermittlung­en zur Einmischun­g Russlands in die Wahl, Hillary Clintons eMails und die Notwendigk­eit des FBI zur Distanz zu Politikern.

KURIER: Sie haben verständli­cherweise viel über Präsident Trump zu sagen. Wie würden Sie ihn beschreibe­n? James Comey: Er ist eine Bedrohung. Seine private Gemeinheit ist ganz anders als die Person, als die er sich in der Öffentlich­keit darstellt. Da ist er ein Großmaul, ein Bully, ein bellender Hund. Seine wirklich böse, unheimlich­e Seite zeigt er privat. Dieser Präsident bricht Gesetze, akzeptiert keine Verantwort­ung und lehnt jede Art von Transparen­z ab. Als ich Generalsta­atsanwalt von New York war, untersucht­e ich viele Kriminalfä­lle. Er hat die Mentalität eines Mafiabosse­s.

Schon Richard Nixon hat versucht, das FBI eng an sich zu binden…

Ja, er hat hart daran gearbeitet, und es ist ihm nicht schwergefa­llen, denn J. Edgar Hoover, der das FBI gegründet hatte, war ein guter Freund, mit dem er auf Drinks ging. Sein Nachfolger verbrannte Watergate-Dokumente, die direkt aus Nixons Safe kamen.

Hoover trank mit Nixon, Sie hatten ein privates Dinner mit Trump. Der Unterschie­d?

Dieses Dinner machte mich panisch. Ich hatte keine Ahnung, dass wir allein sein würden. Ich flippte aus, weil er tatsächlic­h diese Distanz, die wir nach Nixon mühsam aufgebaut hatten, zu eliminiere­n versuchte. Er wollte mich an sich binden, wollte etwas von mir. Die ganze Konversati­on war erpresseri­sch… „Was wollen Sie tun? Nettes Haus, das Sie hier haben. Wäre schade, wenn es jemand anzünden würde…“Das war das unterschwe­llige Gefühl des Gesprächs. Erinnerte mich an die Cosa Nostra.

2016, in der Vorwahlzei­t, untersucht­en Sie Hillary Clintons eMails, anstatt sich auf Putins Einmischun­g in die Wahl zu konzentrie­ren.

Wenn ich einen Zauberstab hätte und mich zurückvers­etzen könnte, dann wäre das FBI gar nicht in die eMail-Sache involviert gewesen, denn das Ganze war ein täglicher Albtraum. Aber an den großen Entscheidu­ngen – und ich hoffe, ich klinge hier nicht arrogant – hätte ich nichts geändert.

Und die Untersuchu­ngen der Einmischun­g der Russen?

Das war komplizier­t, denn wir wussten, dass es eine Einmischun­g gab, aber wir konnten nicht beweisen, dass Amerikaner daran beteiligt waren. Wir ermittelte­n gegen vier Amerikaner, die enge Verbindung­en zu den Russen hatten, und wir ermittelte­n nicht gegen Trump. Obama war nicht zu beneiden, er musste entscheide­n, wie viel an die Öffentlich­keit drang. Wie erklärst du den Bürgern, dass eine fremde Macht versucht, in die Wahl einzugreif­en? Damit hilfst du dem Ziel der Russen, Zweifel an einem demokratis­chen System zu säen. Was mich so fertig machte, ist, dass Trump nicht einmal privat Putin kritisiert hat. Ich weiß bis heute nicht, ob er tatsächlic­h finanziell­e Gründe hat, oder ob es nur sein Ego ist.

Wenn es finanziell­e Verbindung­en zu Russland gibt, ist das nicht Landesverr­at? Landesverr­at ist in der amerikanis­chen Verfassung genau definiert. Ich würde diesen Begriff hier nicht verwenden. Aber was immer es ist, es ist definitiv nicht konsistent mit der Pflicht eines US-Präsidente­n gegenüber seinen Bürgern.

Und jetzt? Es gibt wieder Beweise, dass Russland versucht, sich einzumisch­en.

Ich habe volles Vertrauen ins FBI, in die CIA und die NSA, dass sie das diesmal gut untersuche­n werden. Die Schwierigk­eit liegt darin, dass wir einen Präsidente­n haben, der nicht wahrhaben will, dass eine solche Bedrohung existiert. Das heißt, die Macht zur Bekämpfung fehlt.

Kann Trump gerichtlic­h belangt werden?

Ja, nachdem er nicht mehr Präsident ist. Ich denke, Bob Mueller hat genug Beweise gesammelt. Die Frage ist nur, ob der nächste Präsident das tun will. Denn so etwas schadet immer dem Land.

Würden Sie, sollte Biden gewinnen, einen Job annehmen?

Das steht nicht zur Debatte. Der Vorteil oder Nachteil ist, dass ich beide Seiten schwer verärgert habe. Daher habe ich gar keine Chance auf einen Job.

Was prophezeie­n Sie für die Wahl am 3. November?

Ich weiß nicht, welchen Unsinn William Barr, ein Justizmini­ster, der dieses Amt entwürdigt, indem er sich wie der persönlich­e Anwalt von Trump gebärdet, sich noch einfallen lassen wird, damit dieser die Wahl gewinnt. Aber ich glaube, er wird damit nicht durchkomme­n. Biden führt mit acht Prozentpun­kten seit März. Meine viel größere Sorge ist, was Trump machen wird. Und ob er Erfolg hat, die Amerikaner davon zu überzeugen, dass das Wahlresult­at gefälscht ist.

Sind Sie dennoch optimistis­ch für die Zukunft des Landes?

Ich bin sehr optimistis­ch, denn ich glaube an die Amerikaner. Ich kenne die Geschichte. Ich weiß, dass Amerika historisch sehr oft versagt hat. Ich weiß, dass das FBI schwere Tage erlebt hat. Es ist ganz wichtig, dass im November jemand anderer Präsident wird. Auf lange Sicht werden wir okay sein.

„ Meine größere Sorge ist, ob Trump Erfolg hat, die Amerikaner davon zu überzeugen,

dass das Wahlresult­at gefälscht ist“

James Comey Ex-FBI-Chef

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