Außenminister Schallenberg reagiert scharf auf türkische Verbalattacke
Wien werde weiter Regelverstöße Ankaras klar benennen. Türkischer Außenminister hatte Österreich „abstoßende Politik“vorgeworfen
Zwischen Wien und Ankara ziehen wieder einmal dunkle politische Wolken auf. Die ohnehin angespannten Beziehungen haben sich am Wochenende erneut verschlechtert, als der türkische Außenminister eine Twitter-Attacke gegen die Regierung in Wien lancierte.
„Die eigentliche große Bedrohung für die EU und deren Werte stellt die verzerrte Ideologie dar, die Kurz vertritt“, warf Mevlüt Çavuşoğlu Bundeskanzler Sebastian Kurz vor. „Diese abstoßende Politik, die auf Rassismus, Fremdenund Islamfeindlichkeit beruht, ist die kranke Denkweise unserer Zeit“, twitterte Çavuşoğlu.
Außenminister Alexander Schallenberg reagierte scharf: „Österreich wird auch weiterhin eine ganz klare Sprache sprechen, wenn die Türkei gegen internationales Recht verstößt, Menschenrechte, Medienfreiheit und rechtsstaatliche Prinzipien verletzt oder Flüchtlinge und Migranten als Druckmittel instrumentalisiert“, betonte er gegenüber dem KURIER. „Das ist keine auf Rassismus oder Islamfeindlichkeit beruhende Politik, sondern ein konsequentes Eintreten für jene Werte, auf denen die Europäische Union fußt und die unsere Stabilität und unseren Wohlstand garantieren.“Und Schallenberg weiter: „Dass manche türkischen Politiker das offenbar nicht unterscheiden können, belegt einmal mehr, wie weit sich die Türkei in den letzten Jahren von Europa entfernt hat.“
„Nicht erpressen lassen“
Çavuşoğlus Twitter-Angriffe waren Ankaras Reaktion auf Aussagen von Kanzler Kurz. Er hatte die EU in Interviews mit dem KURIER und anderen Zeitungen sowie via Twitter dazu aufgerufen, sich vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan nicht erpressen oder bedrohen zu lassen. „Es braucht vielmehr volle Solidarität mit Griechenland und einen ordentlichen Schutz der #EU-Außengrenzen“, twitterte Kurz. Gegenüber dem deutschen Handelsblatt kritisierte der Kanzler, dass noch keine geschlossene Haltung der EUMitgliedsländer gegenüber Erdoğan existiere. Kurz: „Ich wünsche mir eine geeinte Europäische Union, die entschlossen dagegen vorgeht. Dass dies nicht geschieht, kann ich nicht nachvollziehen.“
Er verurteilte auch, dass Erdoğan versuche, Türken oder türkischstämmige Migranten, die in Westeuropa leben, für seine Zwecke zu instrumentalisieren.
Aktuell droht der Streit zwischen Griechenland und der Türkei um vermutete Gasvorkommen im Mittelmeer zu eskalieren. Zum Muskelspiel der Türkei zählt eine Militärübung, die am Sonntag vor der Küste Zyperns begonnen hat. Dazu kommt das Dauerkonfliktthema Flüchtlinge: Erdoğan droht regelmäßig mehr oder weniger offen damit, Flüchtlinge in Richtung Griechenland ziehen zu lassen. Allein im August blockte die griechische Küstenwache 3.000 Personen ab. Die Türkei hat bekanntlich rund 3,6 Millionen Syrer aufgenommen – so viele wie sonst kein Land der Welt. Zur Versorgung dieser Menschen sagte die EU Ankara sechs Milliarden Euro zu und hat heuer im Sommer für zwei humanitäre Projekte weitere 485 Millionen Euro versprochen.