Kurier

Nackte Tatsachen am Kaiserhof

Am 10. September jährt sich zum 122. Mal der Todestag von Kaiserin „Sisi“Elisabeth.

- LISBETH BISCHOFF VON bischoff.lisbeth@chello.at

Als Österreich­s Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916) am 22. Dezember 1872 in der Wiener Hofburg seine Post öffnete, traute er kaum seinen Augen. Denn in einem Kuvert befand sich ein Bildnis seiner Frau. Das Pikante daran: Sisi (1837–1898) ist splitterna­ckt!

Ein Erpresserb­rief liegt bei:

„An Seine Majestät, den Kaiser von Österreich. Ich habe die Ehre, Ihnen eine Fotografie Ihrer Frau zu schicken, die zu einer Kollektion gehört, die überall verkauft werden soll. Ich habe vom Fotografen die Zusage erlangt, dass er die Fotos verbrennen würde, so binnen 14 Tagen zuhanden Herrn Cattelli, postlagern­d Amsterdam, 3.000 Francs (heute ca. 10.000 Euro) übersandt werden. Widrigenfa­lls kämen die Aufnahmen in Umlauf, sogar in den Straßen von Wien.“

Das dem Brief beigelegte Foto zeigt eine nackte Frau, deren Gesichtszü­ge eindeutig die der Kaiserin sind. Doch der üppige Körper kann keinesfall­s mit Elisabeths zierlicher Figur übereinsti­mmen.

Die k. u. k. Polizeidir­ektion Wien wird informiert und Oberinspek­tor Stehling mit der Klärung des Falles betraut.

Dem Polizeiakt ist zu entnehmen, dass der Erpresserb­rief in Amsterdam aufgegeben wurde.

Inspektor Stehling reist nach Holland, wo ihm die baldige Klärung gelingt. Denn er findet heraus, dass das Originalfo­to „aus einem Karton nackter Frauen“des Amsterdame­r Ateliers „Van Rooswinkel“stammt. Sisis Kopf wurde dreist hineinmani­puliert.

Als Käufer der Bilder kann der hoch verschulde­te niederländ­ische Spielzeugh­ändler Josef J. Kievits eruiert werden.

„Ein Vergleich seiner Handschrif­t ergibt den Beweis seiner Täterschaf­t“, telegrafie­rt Inspektor Stehling im Jänner 1873 nach Wien. Der Erpresser hatte ein acht Jahre altes Porträt Sisis auf den Körper einer Prostituie­rten gesetzt und offensicht­lich angenommen, mit der plumpen Fälschung den Kaiser von Österreich zu einer Zahlung nötigen zu können.

Der Kaiser ist zwar zornig, verzichtet aber auf eine Gerichtsve­rhandlung, um jegliches Aufsehen zu vermeiden.

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