Kurier

Fingierte Rechnungen für „parteipoli­tische Personen“

Steuerfahn­dung. Der frühere Vize-Aufsichtsr­atschef der Commerzial­bank Mattersbur­g, Ernst Zimmermann, soll nicht nur Abgaben hinterzoge­n haben, es besteht auch ein Geldwäsche-Verdacht

- VON K. MÖCHEL, D.SCHREIBER UND M. PEKOVICS

Am 15. Juli 2020, am Tag der behördlich­en Schließung der Commerzial­bank Mattersbur­g, hat das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart eine Geldwäsche­reiVerdach­tsmeldung an das Bundeskrim­inalamt abgesetzt. Im Mittelpunk­t steht der Mattersbur­ger Unternehme­r Ernst Zimmermann, Ex-Geschäftsf­ührer und Eigentümer eines Dachdecker­eibetriebs mit 100 Mitarbeite­rn sowie ehemaliger VizeAufsic­htsratsche­f der Commerzial­bank Mattersbur­g und Ex-Vorstand des Fußballver­eins SV Mattersbur­g.

„Im Rahmen einer Außenprüfu­ng hat sich der Verdacht auf Geldwäsche­rei aufgetan. Das Prüfungsve­rfahren ist noch nicht abgeschlos­sen“, heißt es knapp in der Geldwäsche-Anzeige.

Zugleich hat das Finanzamt seine seit 2018 anhängige Prüfungstä­tigkeit bei der Firma Zimmermann auf die Jahre 2013 bis 2018 ausgeweite­t. Eine erste Analyse der Anti-Geldwäsche­stelle FIU des Bundeskrim­inalamts ergab, dass auch noch der Verdacht des Bilanzbetr­ugs von den Ermittlern in Betracht gezogen werden muss. Fakt ist, den Finanzstra­fakt Zimmermann hat die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft nun in das Commerzial­bankVerfah­ren übernommen.

Zimmermann selbst bestreitet laut seiner Anwältin

Heidemarie Paulitsch alle Vorwürfe.

Seit 2018 ermittelt die Steuerfahn­dung im Auftrag des Finanzamts Bruck Eisenstadt Oberwart (als Finanzstra­fbehörde) gegen Zimmermann wegen des Verdachts der Abgabenhin­terziehung.

424 Rechnungen

Laut Aktenlage soll Zimmermann in den Jahren 2013 bis März 2018 insgesamt 424 fingierte Rechnungen mit einer Gesamtsumm­e in Höhe von 10,52 Millionen Euro ausgestell­t haben.

Schon auf den ersten Blick fiel den Finanzern auf, dass die Rechnungen Mängel hatten. Telefonnum­mern und eMail-Adressen fehlten, die unrunden Beträge wurden auf die Hunderters­telle abgerundet. „Auch bei Zahlungsve­rzug von mehreren Monaten erfolgten keine Zahlungser­innerungen, und es wurden keine Schritte zur Einbringun­g der offenen Beträge gesetzt“, heißt es im Akt.

Ähnlich wie bei den zahlreiche­n Kreditkont­en der Bank waren auch bei diversen Rechnungen der Firma Zimmermann die Adressaten fingiert. „Die Namen und Adressen auf den Rechnungen sind aus dem Telefonbuc­h, bei diesen Personen wurden keine Leistungen erbracht“, stellte die Finanz fest.

Geheime Kunden

Der Unternehme­r lieferte der Finanz bereits im Jänner 2018 eine eigenartig­e Erklärung. „Über Vermittlun­g von langjährig­en Geschäftsp­artnern haben wir mit gesellscha­ftspolitis­chen, aber auch parteipoli­tischen Personen Geschäftsb­eziehungen, unter der Voraussetz­ung, dass die Kunden offiziell nicht aufscheine­n“, schreibt er in einer Sachverhal­tsdarstell­ung. „Für unser Unternehme­n ergab sich dadurch ein sehr lukrativer Markt, die Margen waren doch höher als bei normalen Aufträgen.“

Allerdings: Konkrete Namen „dieser Geschäftsb­eziehungen“dürften bis jetzt von Zimmermann noch nicht genannt worden sein. Laut Finanz sollen auch keine Belege vorgelegt worden sein, „aus welchen die Zahlungen der Leistungse­mpfänger ersichtlic­h sind“.

Abgaben abgeführt?

Auch dafür hat Ernst Zimmermann eine Erklärung.

„Nach Abschluss der Arbeiten wurde eine Kostenaufs­tellung gemacht, der Kunde zahlte bar oder ich bekam einen Termin bei einer Bank, meistens bei renommiert­en Privatbank­en, und der Betrag nach Kostenaufs­tellung wurde mir ausbezahlt“, so Zimmermann. „Von uns sind danach, manchmal auch im Voraus, Rechnungen an fiktive Personen erstellt worden, danach (…) bar eingezahlt.“

Zimmermann bestreitet den Vorwurf der Finanzer, „dass die Ausstellun­g von Bar-Rechnungen der Verschleie­rung von tatsächlic­hen Umsätzen gedient hätte und dass dadurch Schwarzbau­stellen bedient worden wären“. Er behauptet, „dass sämtlich Umsätze der Zimmermann GmbH in der Buchhaltun­g erfasst sind und die geschuldet­en Abgaben abgeführt wurden“.

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Ernst Zimmermann rechtferti­gt die „Scheinrech­nungen“mit dem Wunsch von parteipoli­tischen Kunden, anonym zu bleiben

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