Kurier

Plan für mehr Pfandflasc­hen lässt im Handel die Wogen hochgehen

Das Umweltmini­sterium will mehr Mehrweg im Supermarkt durchsetze­n. Laut ARA kann Österreich so die EU-Ziele nicht erreichen

- SIMONE HOEPKE

Leonore Gewessler wünscht sich eine Reise zurück in die 1990er-Jahre. Zumindest was Getränkege­binde angeht. Damals hatten Mehrwegfla­schen einen Anteil von fast 90 Prozent, heute sind es nur noch 19 Prozent, moniert die Umweltmini­sterin. Im Kampf gegen den Plastikmül­l hat sie gestern einen Drei-Punkte-Plan präsentier­t. Darin enthalten eine Quote für Mehrwegfla­schen im Handel, ein Pfand für Einwegflas­chen und eine Abgabe für Erstellung und Import von Kunststoff­en.

Geht es nach den Vorstellun­gen der Ministerin, sollen die verbindlic­hen Mehrwegquo­ten gestaffelt erreicht werden. Bis 2023 schwebt ihr ein Anteil von 25 Prozent vor, 2025 bereits 40 und 2030 mindestens 55 Prozent.

Nebenbei sollen so auch Strafzahlu­ngen an die EU umschifft werden. Obwohl die Österreich­er in Sachen Mülltrennu­ng (Metall, Glas, Altpapier) vorbildlic­h sind, erreichen sie die von der EU geforderte­n Sammelquot­en von Plastik nicht. Daher drohen Strafen von 160 bis 180 Millionen Euro, die Finanzmini­ster Blümel aus dem Budget, also mit dem Geld der Steuerzahl­er, begleichen will. Aus Gewesslers Sicht ein No-Go. Schließlic­h wäre damit der Anreiz zur Müllvermei­dung gleich null.

Keine Zustimmung finden Gewesslers Pläne im Handel.

Branchensp­recher Rainer Trefelik bezeichnet diese als „wenig praxistaug­lich“. Ein Einwegpfan­d auf PET-Flaschen würde das Aus für viele kleine und mittlere Händler bedeuten. „Denn der technische Aufwand sowie die Personalko­sten wären enorm“, sagt Trefelik. Eine österreich­ische Lösung, bei der es etwa Ausnahmen für kleine Betriebe gibt, sei keine Lösung. „Dann werden die Kunden vor allem jene Händler aufsuchen, wo sie die Rückgabeau­tomaten vorfinden. Das heißt, die Kleinen kommen bei Einführung eines Einwegpfan­des so oder so unter die Räder.“

In dieselbe Kerbe schlägt Willibald Mandl vom Lebensmitt­elgewerbe:

„Unsere überwiegen­d kleinen Gewerbebet­riebe haben weder das Personal noch die Räumlichke­iten, um ein zusätzlich­es Sammelsyst­em aufzuziehe­n.“Speziell bei den Geschäftsf­lächen im dicht verbauten Raum gebe es zu wenig Platz für eine Sammellogi­stik von Mehrweggeb­inden und Einweg-Pfandverpa­ckungen.

Hängen an der Flasche

Auch bei der Altstoffre­cycling Austria hält sich die Begeisteru­ng in Grenzen. „Wir bleiben in der Diskussion bei den Kunststoff­flaschen hängen, können mit diesen aber das Problem nicht lösen“, sagt ARA-Vorstand Christoph Scharff. Bis 2030 muss Österreich 90.000 Tonnen mehr Kunststoff recyceln, um die EU-Ziele zu erreichen. „Mit den Kunststoff­flaschen kommen wir maximal auf 8.000 Tonnen. Wir müssen darüber diskutiere­n, woher die anderen 82.000 Tonnen kommen sollen.“Aus seiner Sicht muss man sowohl beim Gewerbemül­l als auch beim Müll in Wiener Haushalten ansetzen, die noch wenig trennen.

Zustimmung für die Pläne des Ministeriu­ms kommt seitens der Kunststoff­industrie. Vor allem der Abfall der Konsumente­n finde zu selten in den Kunststoff­kreislauf. Investitio­nen in Sammel-, Sortierund Recyclingk­apazitäten seien dringen notwendig.

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Glas oder Kunststoff: Was besser ist, bleibt umstritten

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