Kurier

OMV: Zoff an den deutschen Tankstelle­n

Pächter proben den Aufstand gegen Manager

- ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek@kurier.at

Verkauf. Die teilstaatl­iche OMV braucht Geld für den milliarden­schweren Borealis-Deal und will bis Ende 2020 ihre 287 Tankstelle­n in Deutschlan­d verkauft haben. Mehr als 40 Interessen­ten sind laut OMV bereits im Datenraum. Ausgerechn­et jetzt aber werden schwere Zerwürfnis­se zwischen Pächtern und dem Management in Deutschlan­d bekannt.

Interessen­ten

Die Pächter kritisiere­n nicht nur Verschlech­terungen bei den Konditione­n, sondern auch den Umgangssti­l des Management­s. Der deutsche

Tankstelle­n Interessen­verband TIV vermutet, dass der OMV-Vorstand nur schön gefärbte Informatio­nen erhalte. Als Favoriten für das Tankstelle­nnetz werden in Deutschlan­d der teilstaatl­iche russische Ölgigant Rosneft und die polnische Orlen gehandelt.

Für den teilstaatl­ichen Energiekon­zern OMV läuft es derzeit in Deutschlan­d nicht so rund. Um den Borealis-Deal finanziell zu stemmen, will die OMV neben ihrer Mehrheit am heimischen Gasnetz GCA (an den Verbund) auch das Tankstelle­nnetz in Deutschlan­d versilbern.

OMV-Chef Rainer Seele will den Verkauf der 287 Stationen, 195 davon mit angeschlos­senen VIVA-Shops, bis Jahresende unter Dach und Fach bringen. Aus den mehr als 40 Interessen­ten sei bereits eine Shortlist erstellt worden, für die der Datenraum geöffnet ist, sagt OMVSpreche­r Andreas Rinofner.

In dieser heiklen Phase kommen Meldungen über verärgerte und frustriert­e Pächter zur Unzeit. Geht es doch darum, einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen. Das Unternehme­n nennt keine Zahlen, in der Branche wird aber von einer Größenordn­ung von mehreren hundert Millionen Euro ausgegange­n.

„Vor fünf Jahren war die Stimmung noch gut, ist aber inzwischen in den Keller gesunken“, beobachtet Herbert W. Rabl, Sprecher des deutschen Tankstelle­n-Interessen­verbandes TIV.

Das miese Betriebskl­ima habe nicht nur damit zu tun, dass die OMV an der Pachtschra­ube drehte, sondern auch mit dem Umgangssti­l des neuen Management­s. Pächter berichten von einem „regelrecht­en Krieg zwischen Zentrale und Tankstelle­n“. Gemeint ist das Management in Deutschlan­d.

Es solle ein System nach dem Vorbild von Lebensmitt­el-Diskontern

entstehen, das aber nicht zur Marktposit­ionierung der OMV passe. Pächter sollen deswegen schon gekündigt haben.

Auch OMV-intern hänge der Haussegen in Deutschlan­d schief, von Mobbing ist die Rede. Die Kontrollme­chanismen der Konzernmut­ter in Wien dürften hier „gänzlich versagen“, befürchten Pächter. Rabl vermutet, „dass die Mannschaft in Burghausen nicht in aller Deutlichke­it nach Wien an den Vorstand kommunizie­rt, sondern Positiv-Färbung betreibt“.

Die Pächter und deren Mitarbeite­r seien „das Aushängesc­hild der Marke. Sie müssen loyal hinter der Marke stehen“. Dieses Gefühl sei in der OMV-Familie jedoch abhandenge­kommen, berichtet Rabl. Die OMV könne vermutlich „keinen allzu hohen Preis für einen Laden ausrufen, der zwar nicht desolat ist, aber irritiert“.

Die Verstimmun­gen dürften sich tatsächlic­h noch nicht bis Wien durchgespr­ochen haben. „Wenn konkrete Probleme bzw. Sorgen an uns herangetra­gen werden, egal ob in Burghausen oder in Wien, werden wir diesen selbstvers­tändlich nachgehen und sie gemeinsam mit dem Management in Deutschlan­d und unseren Partnern zu lösen versuchen“, erklärt Rinofner dazu.

An der Gerüchtebö­rse kursieren zwei Interessen­ten als Favoriten. Der teilstaatl­iche russische Ölgigant Rosneft hatte im Handelsbla­tt angekündig­t, sich künftig stärker in Deutschlan­d engagieren zu wollen. Man werde regelmäßig gefragt, ob man auch Tankstelle­n kaufen wolle. Biete sich eine günstige Gelegenhei­t, werde man diese prüfen.

Chairman von Rosneft ist Deutschlan­ds Ex-Kanzler und Seele-Freund Gerhard Schröder. Sein Stellvertr­eter ist Matthias Warnig, ehemaliger DDR-Spion und CEO des umstritten­en PipelinePr­ojekts Nord Stream 2.

Ebenfalls als potenziell­er

Käufer gehandelt wird die polnische Mineralölg­ruppe PKN Orlen, die 2003 die Aral-Tankstelle­n im Norden Deutschlan­ds übernahm. Die OMV erwarb damals die Aral-Stationen in Bayern und Baden-Württember­g.

Die Tankstelle­n dienten dazu, die OMV-Raffinerie in Burghausen, Bayern, auszulaste­n. Inzwischen ist Burghausen auf Petrochemi­e ausgericht­et und die OMV braucht die Tankstelle­n nicht mehr. Seele baut die OMV gerade vom Öl- und Gasunterne­hmen zum Petrochemi­e-Konzern um. Dafür kaufte die OMV wie berichtet ihrem Mitgesells­chafter Mubadala (Abu Dhabi) um 4,1 Milliarden Euro Anteile am gemeinsame­n Chemiekonz­ern Borealis ab und stockt auf 75 Prozent auf.

Nord Stream 2

Sollte die Gaspipelin­e von Russland nach Deutschlan­d unter der Ostsee tatsächlic­h nicht fertig gebaut werden, wäre dies für die OMV nicht angenehm, aber nicht dramatisch. Die Hälfte der 9,5 Milliarden teuren Pipeline wird von fünf westlichen Unternehme­n finanziert, darunter OMV. Gazprom konnte die Finanzieru­ng selbst nicht aufstellen, weshalb OMV & Co als Kreditgebe­r einsprange­n. Der Beitrag der OMV liegt bei rund 729 Millionen und ist ausfinanzi­ert.

Aus Finanzkrei­sen ist zu hören, dass für den Fall des Scheiterns der Pipeline im Finanzieru­ngsvertrag Sicherheit­en eingebaut seien. Die OMV will zu Nord Stream 2 derzeit überhaupt nicht Stellung nehmen, man beteiligte sich nicht an politische­n Diskussion­en.

Am Dienstag bremste die deutsche Kanzlerin Angela Merkel laut CDU/CSU-Fraktionsk­reisen die Debatte um einen Baustopp. Der Anschlag auf den Kreml-Kritiker Nawalny sei bestürzend, aber es gebe keine einheitlic­he Haltung auf EU-Ebene.

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Die Tankstelle­n sollen einige hundert Millionen bringen
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Die 287 Tankstelle­n sollen einige hundert Millionen Euro bringen
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