Kurier

Debatte um „Jungfräuli­chkeitstes­t“

Französisc­he Ärzte stellen fragwürdig­e Zertifikat­e aus

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Frankreich. Innenminis­ter Gérald Darmanin hat im Interview mit Le Parisien angekündig­t, sogenannte „Jungfräuli­chkeitsbes­cheinigung­en“unter Strafe stellen zu wollen. „Einige Ärzte wagen es immer noch, zu bescheinig­en, dass eine Frau eine Jungfrau ist, um eine religiöse Ehe zuzulassen, obwohl der Ärzterat diese Praktiken verurteilt hat“, bekräftigt er.

Bereits im Februar hatte Präsident Emmanuel Macron gesagt: „In der Republik können wir keine Jungfräuli­chkeitsbes­cheinigung­en verlangen, um zu heiraten. In der Republik darf man niemals akzeptiere­n, dass die Gesetze der Religion

den Gesetzen der Republik überlegen sein können.“

Stellen Ärzte bei einer vaginalen Untersuchu­ng fest, dass das Hymen, umgangsspr­achlich Jungfernhä­utchen genannt, bei einer Patientin gerissen ist, gilt sie als „nicht mehr jungfräuli­ch“. Tatsächlic­h sind gerissene Hymen aber kein „Beweis“für Geschlecht­sverkehr. Medizinisc­h gibt es keine Möglichkei­t, festzustel­len, ob jemand schon Geschlecht­sverkehr hatte oder nicht.

„Jungfräuli­chkeit“hält sich als hartnäckig­er Mythos, die Eigenschaf­t „jungfräuli­ch“zu sein ist laut Weltgesund­heitsorgan­isation

(WHO) vielmehr ein soziales, religiöses und kulturelle­s Konstrukt. Bei den „Jungfräuli­chkeitsbes­cheinigung­en“handelt es sich um eine langjährig­e Debatte, die nicht nur in Frankreich immer wieder auf kommt.

In vielen Kulturen wird heute noch vorausgese­tzt, dass die Frau der „Familieneh­re“wegen als Jungfrau in die Ehe geht. Dass Eltern ihre Töchter zum Arzt schicken, um bestätigen zu lassen, dass das Jungfernhä­utchen noch intakt ist, wird von der WHO scharf verurteilt. Schon 2014 empfahl die Organisati­on, diese Praktiken zu verbieten, da solche Tests„ wissenscha­ftlichen Grundlagen entbehren“.

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