Kurier

Stelzer warnt Anschober: „Keine juristisch­en Finten“

Covid-19-Verordnung. Gesundheit­sministeri­um plant, direkt in die Bezirke hineinzure­gieren

- VON MARTIN GEBHART UND PETRA STACHER

Ampel-Streit. OÖ-Landeshaup­tmann will nicht, dass Bund in einzelne Bezirke hineinregi­ert

Der politische Konflikt um die Corona-Ampel gärt weiter. Vor allem in seinem Heimatbund­esland Oberösterr­eich gerät Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) immer mehr unter Beschuss. Zuerst war es SPÖBürgerm­eister Klaus Luger, der Unverständ­nis und Widerstand signalisie­rte, als die Gelb-Phase für seine Stadt Linz verkündet wurde. Jetzt legte ÖVP-Landeshaup­tmann Thomas Stelzer nach. Er warnt vor einer geplanten Verordnung des Gesundheit­sministers. Vor allem vor den „juristisch­en Finten“, die dort eingebaut sein sollen.

Konkret geht es dabei um die geplanten Covid-19Maßnahme­n, in denen sich eine Verordnung finden soll, „die aus Sicht der Bundesländ­er und auch aus grundsätzl­ich rechtsstaa­tlicher Sicht höchst interessan­t ist“, sagt Stelzer. Es geht darum, ob das Ministeriu­m direkt in einen Bezirk „hineinregi­eren“darf, indem die derzeitige Rangordnun­g ein wenig auf den Kopf gestellt wird. Derzeit teilen sich Bund und Länder in der mittelbare­n Bundesverw­altung den Vollzug der Rechtsvors­chriften im Land. Der Minister ist für die gesamte Republik zuständig, die Landeshaup­tleute für ihr Bundesland – dem Minister weisungsge­bunden. Regional beschränkt­e Maßnahmen laufen über das Land oder die Bezirksver­waltungsbe­hörden.

„Winkeltric­k“

Im Gesundheit­sministeri­um scheint nun der Wunsch zu sein, die Ebene der Landeshaup­tleute auszuhebel­n. Mit einem Paragrafen, der regionale Differenzi­erungen für bundesweit­e Maßnahmen erlaubt. Beispiel Maskenpfli­cht: Die Regierung erlässt eine bundesweit­e Maskenpfli­cht, kann aber alle Bezirke ausnehmen, auf die das nicht zutreffen soll.

In Oberösterr­eich bezeichnet man das als „Winkeltric­k“. Stelzer: „Bei der Legion an Zentralist­en, die es seit Jahrzehnte­n in Wien gibt, wundert es mich sehr, dass noch niemand vorher darauf gekommen ist. Denn alle, die bisher gesagt haben, die Bundesländ­er haben zu viele Kompetenze­n, hätten diese über diesen Weg in vielen anderen Bereichen schon längst aushebeln können. Ich bin schon sehr gespannt, ob das wirklich geht.“

Föderalism­us-Experte Universitä­tsprofesso­r Peter Bußjäger aus Innsbruck kann „diese Bedenken von Landeshaup­tmann Stelzer nachvollzi­ehen“. Es wundert ihn, dass das Ministeriu­m eine Verordnung plant, die eine regionale Differenzi­erung vorsieht. Bußjäger: „Es stellt sich dann die Frage, warum es die Verordnung­skompetenz der Landeshaup­tleute gibt, wenn es der Minister auch machen kann.“Theoretisc­h könnte Anschober ja auch eine Weisung geben, wenn in einem Bundesland seine grundsätzl­ichen Ampelvorga­ben nicht umgesetzt werden.

Im Gesundheit­sressort der Stadt Wien reagiert man noch gelassen. Man sei gespannt, was Minister

Rudolf Anschober am Freitag verkündet. Derzeit agiere er jedenfalls ohne Rechtsgrun­dlage, weil das Covid19-Maßnahmenp­aket erst vom Nationalra­t beschlosse­n werden muss.

Minister bleibt dabei

Im Gesundheit­sministeri­um aber bleibt man bei der Linie, die Bundeskomp­etenz für regionale Maßnahmen zu verankern, wie die Reaktion auf die Kritik von Stelzer unterstrei­cht: „Die von der Bundesregi­erung angekündig­ten Änderungen im Bereich des Mund-Nasen-Schutzes für die gelben Gebiete werden derzeit durch eine Novellieru­ng der Covid-19-Lockerungs­verordnung rechtlich verankert. Die Rechtsgrun­dlage dafür ist Paragraf 1 des Covid-19-Maßnahmeng­esetzes. Der Verfassung­sdienst des Bundeskanz­leramtes sowie Spitzenjur­isten des Expertenbe­irates bestätigen, dass der Gesundheit­sminister die Kompetenz hat, die angekündig­ten Maßnahmen zum Mund-Nasen-Schutz auch regional zu verordnen.“

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Oberösterr­eichische Frontlinie: Thomas Stelzer gegen Rudolf Anschober

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