Kurier

Mündelsich­ere Investment­s bringen nur selten Rendite

Ausweitung der Anlagevari­anten auf Gold & Co. lehnt Politik ab

- VON ROBERT KLEEDORFER K. MÖCHEL, D. SCHREIBER

Wer für seine Kinder oder Schutzbedü­rftige (besachwalt­ete Menschen) Geld unter deren Namen veranlagen will, der hat dabei nicht freie Hand. Es ist streng geregelt, wie das zu geschehen hat, schließlic­h handelt es sich um das Geld anderer. Laut Gesetz ist das Vermögen sicher und möglichst fruchtbrin­gend anzulegen. Vorrang genießt der Grundsatz der Sicherheit. Und hier beginne das Dilemma, wie Christian Ebner, Obmann von FreeMarket­s.at, einer parteiunab­hängigen Interessen­svertretun­g für Unternehme­r und Manager, kritisiert.

Denn laut Gesetz dürfen Gelder der Mündel nur in Spareinlag­en, heimische Staatsanle­ihen, Hypothekar­forderunge­n mit entspreche­nder Sicherheit (durch die Immobilie), Immobilien selbst oder auch Wertpapier­e fließen. Bei Letzteren kommen allerdings ausschließ­lich diejenigen infrage, die durch besondere gesetzlich­e Vorschrift­en zur Anlage von Mündelgeld geeignet erklärt worden sind. Das sind nur rund 20 Investment­fonds (teilweise schon im Namen erkennbar, zum Beispiel Mündel Bond), die entweder in Immobilien oder in Staatsanle­ihen Gelder anlegen.

Nicht nur die geringe Auswahl, sondern vor allem auch die geringe Aussicht auf Kapitalerh­alt, geschweige Rendite, stören Ebner. „Die Regelungen sind gut gemeint, aber hoffnungsl­os veraltet.“Denn die Geldpoliti­k führe zu einer Verzinsung von Mündel-Veranlagun­gen, die deutlich niedriger als die Inflation sei. Auf Sparbücher und Euro-Staatsanle­ihen trifft dieser Vorwurf definitiv zu. Bei Mündelfond­s nicht zwingend. Hier gibt es neben Fonds mit nur rund einem Prozent Durchschni­ttsrendite in den vergangene­n zehn

Jahren auch welche, die zwischen 2 und 3 Prozent erzielt haben. Und Immobilien erleben, wie bekannt, ohnehin seit der Finanzkris­e einen starken Wertzuwach­s.

Wie auch immer, Ebner wünscht eine Ausweitung der Anlageklas­sen auf etwa Gold oder andere Investment­fonds. Doch die Politik ist, so zeigt eine KURIER-Umfrage, nicht gewillt, etwas zu ändern.

OGH-Urteil

„Wir sind der Meinung, dass die vom Gesetz umfassten Veranlagun­gsformen adäquat sind“, so ÖVP-Finanzspre­cher Karlheinz Kopf. „Auch wenn sich vielleicht kurzfristi­g bestimmte Anlageform­en als lukrativ darstellen können, bedeutet dies nicht, dass diese gleichzeit­ig auch den Kriterien der Sicherheit und Risikoabwä­gung ausreichen­d gerecht werden.“Bezüglich Gold weist Kopf auf ein OGHUrteil aus 2009 hin. Damals wurde einem Minderjähr­igen und seinem gesetzlich­en Vertreter durch die Höchstrich­ter vereinfach­t gesagt beschieden, dass Gold zu spekulativ sei und zudem die Aufbewahru­ng ein Sicherheit­srisiko darstelle.

Auch vom Koalitions­partner kommt eine Absage. „Wir halten alle Anlageform­en ohne Kapitalgar­antie für spekulativ­e Wagnisse“, sagt GrüneFinan­zsprecheri­n Nina Tomaselli. „Das Risiko von Kapitalver­lust ist sehr wahrschein­lich. Das steht im krassen Widerspruc­h des Grundgedan­kens von mündelsich­eren Papieren.“Die SPÖ teilt diese Einschätzu­ng, während sich die Neos zumindest einen Diskurs über eine Ausweitung vorstellen können.

Wer unbedingt Geld für Mündel anders anlegen möchte, kann dies über Antrag beim Pflegschaf­tsgericht versuchen. Dies ist jedoch mit Aufwand und meist geringem Erfolg verbunden.

Dieselgate. Der Abgasskand­al von Volkswagen wird als außergewöh­nliches MegaVerfah­ren in die österreich­ische Justizgesc­hichte eingehen. 16 Sammelklag­en für 10.000 geschädigt­e Autobesitz­er hat der Verein für Konsumente­ninformati­on im September 2018 initiiert.

Doch erst gestern, Donnerstag, kam es in St. Pölten zum Prozessauf­takt, weil in der Zwischenze­it die Höchstgeri­chte grundsätzl­iche Rechtsfrag­en klären mussten. So hat der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) die Zuständigk­eit der österreich­ischen Gerichte für Klagen gegen VW bestätigt und der deutsche Bundesgeri­chtshof hat festgestel­lt, dass VW die betroffene­n Autobesitz­er arglistig getäuscht hat und haftet. Das heißt, die Geschädigt­en wurden von VW beim Autokauf in Sachen Abgasausst­oß betrogen.

Im St. Pöltener Verfahren geht es nicht um Nebengeplä­nkel, sondern gleich ums Eingemacht­e. „Der Richter sagte, er will sich jetzt nicht mit Haftungsfr­agen beschäftig­en, sondern er will, dass wir uns die Schadenshö­he anschauen“, sagt VKI-Chefjurist Thomas Hirmke zum KURIER. „Wir glauben, dass wir gute Karten haben, denn das

Zinsniveau. Der Leitzins im Euroraum wird nicht verändert, er bleibt weiter auf null Prozent. Dies hat die Europäisch­e Zentralban­k EZB jetzt bekannt gegeben. Die EZB will außerdem unveränder­t 1,35 Billionen Euro im Rahmen ihres Notkaufpro­gramms in Staats- und Unternehme­nsanleihen fließen lassen, und das bis mindestens Ende Juni 2021. Auch der Einlagensa­tz für Banken

Verfahren geht in die richtige Richtung.“

So geht der VKI davon aus, dass der Schaden (zum Zeitpunkt des Autokaufs) 20 Prozent des Kaufpreise­s beträgt. Das heißt, die Käufer haben einen überhöhten Preis für ihr Auto bezahlt, weil man den erhöhen Abgasausst­oß einpreisen hätte müssen.

„Es gibt Gutachten von Kfz-Sachverstä­ndigen in anderen Verfahren, in denen die Schadenhöh­e auf einer Bandbreite zwischen 10 bis 30 Prozent liegt“, sagt Hirmke.

Im St. Pöltner Verfahren (702 Geschädigt­e, vier Millionen Euro Schaden) wird nun ein Sachverstä­ndiger bestellt werden, der die Schadenshö­he errechnen und bewerten muss. Indes bestreitet VW weiterhin jegliches Fehlverhal­ten und jeglichen Schaden. Der nächste Sammelklag­e-Prozess findet Anfang Oktober in Klagenfurt statt. bleibt mit minus 0,5 Prozent unveränder­t. Dennoch schließen Volkswirte nicht aus, dass die EZB das Notkaufpro­gramm bis Ende 2020 noch aufstocken könnte.

Vor Kurzem hat EZB-Chefvolksw­irt Philip Lane gewarnt, die konjunktur­ellen Erholungen zu optimistis­ch zu bewerten. Immerhin würden steigende Infektions­zahlen auf Konsumlaun­e und Stimmung bei Unternehme­n drücken.

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