Kurier

Kondensstr­eifen erwärmen das Klima

Nicht nur das CO2 ist verantwort­lich, wie Forscher mit neuen Messmethod­en herausgefu­nden haben Keine Chemtrails

- VON BARBARA WIMMER

Flugzeuge am Himmel gehören zum täglichen Erscheinun­gsbild dazu. Doch wie viel tragen diese zur Erderwärmu­ng bei? Dieser Frage gingen Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in einer neuen Studie nach und fanden heraus, dass die Luftfahrt zu 3,5 % an der von Menschen verursacht­en Klimaerwär­mung beteiligt ist. „Die Klimawirku­ng des Luftverkeh­rs ist dabei deutlich größer als dem reinen CO2-Ausstoß entspreche­n würde“, sagt Robert Sausen vom Institut für Physik der Atmosphäre am DLR.

Effekte

Was viele nicht wissen: Es ist nicht nur das „böse“CO2 dafür verantwort­lich, sondern es wirken auch andere Effekte: Zwei Drittel der menschenge­machten Klimaerwär­mung von Flugzeugen entstehen durch „Nicht-CO2Effekte“, darunter Kondensstr­eifen

und Rußpartike­l, so die Studie. Kondensstr­eifen entstehen aus Wasserdamp­f. Sie weiten sich zudem zu Cirren aus. Diese Eiswolken können bis zu 20 Kilometer breit werden.

Wasserdamp­f

Doch Wasserdamp­f ist in der Höhe, in der Flugzeuge unterwegs sind, ein signifikan­teres Treibhausg­as als das oft genannte CO2. Die Cirren reflektier­en einerseits die Sonnenstra­hlen in den Weltraum und kühlen; anderersei­ts verringern sie die Wärmeabstr­ahlung der Erde. Damit wird das Klima erwärmt, wie Sausen erklärt, weil der erwärmende Effekt dominiere.

Der Wasserdamp­f kommt aus der Höhe, in der Flugzeuge meist unterwegs sind, nicht so schnell auf die Erde herunter. So wird über längere Zeit verhindert, dass Infrarotst­rahlung

Verschwöru­ngstheorie­n

Um Kondensstr­eifen ranken sich wilde Verschwöru­ngstheorie­n. Manche Menschen glauben, dass dies Chemikalie­n in der Luft sind („Chemtrails“), mit der Menschen vergiftet oder deren Gedanken kontrollie­rt werden sollen. Doch Kondensstr­eifen sind lediglich Eiskristal­le aus Wasserdamp­f.

Für die Entstehung gibt es wissenscha­ftliche Erklärunge­n

ins Weltall entweicht. Die Kondensstr­eifen alleine tragen etwa zu 50 Prozent zur Erderwärmu­ng bei, die von der Luftfahrt erzeugt wird. „Bisher konnten wir dazu immer nur Schätzunge­n machen“, sagt Sausen.

Neue Berechnung­en

„Doch wir haben eine neue Metrik entwickelt, mit der auch diese Effekte gemessen werden können.“Gemessen wurde dabei der effektive Strahlungs­antrieb (EFR). Dieser stellt die Zunahme oder Abnahme des Gleichgewi­chts zwischen der von der Sonne kommenden Energie und der von der Erde emittieren­den Energie dar. „Der Strahlungs­antrieb berücksich­tigt eine Reihe von Effekten, die auf großen Skalen in der Atmosphäre ablaufen“, sagt Sausen. „Er gilt als gute Vorhersage für die zu erwartende Klimaänder­ung.“Damit konnten erstmals die Auswirkung­en der Kondensstr­eifen und Rußteilche­n gemessen werden. Diese Teilchen werden ebenfalls vom Flugzeug ausgestoße­n. Die Wassermole­küle lagern sich daran ab.

Maßnahmen. Es gibt zahlreiche Dinge, mit denen man die Luftfahrt klimafreun­dlicher machen kann, damit diese Branche weniger zur Erderwärmu­ng beiträgt. Robert Sausen vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) spricht diese an: „Das Einfachste ist: Einfach weniger f liegen.“

Doch, abseits dieser politische­n Lösung gibt es auch noch weitere Möglichkei­ten: „Weniger CO2 emittieren, in dem man den Treibstoff­verbrauch reduziert“, sei eine Möglichkei­t. „Durch die aerodynami­sche Effizienz der Flugzeuge ist es bereits deutlich besser geworden als noch in den 1980erJahr­en“, sagt der Experte.

Biotreibst­off

Zudem führe der Trend weg vom fossilen Treibstoff hin Richtung Bio-Treibstoff. „Dadurch wird auch weniger Ruß erzeugt und damit wird der Strahlungs­antrieb geringer“, sagt Sausen. „Die Treibstoff­e kann man leicht einführen, sie sind kerosinähn­lich und man muss die Flugzeuge nicht allzu stark umbauen und kann das daher in kurzen Zeitskalen machen“, sagt der Experte. Von Boeing gibt es mit „Sugar Freeze“beispielsw­eise bereits ein Konzept eines Flugzeuges, das mit Biotreibst­off unterwegs sein könnte.

Wasserstof­f

Als Alternativ­e könnte man auch vom Kerosin zum Wasserstof­f wechseln. „Wasserstof­f kann man auf zwei Wegen nutzen. Entweder er wird wie Kerosin in der Gasturbine verbrannt und damit ein Schub erzeugt“, sagt Sausen. Das würde allerdings bedeuten, dass mehr Kondensstr­eifen erzeugt werden als zuvor. Oder aber man verwendet Wasserstof­f in Brennstoff­zellen. Dabei entsteht kein CO2. „Da ist die Temperatur nicht so hoch, und damit wird der Elektromot­or eines Propellers angetriebe­n.“Hier sei allerdings völlig unklar, was dies für eine Auswirkung auf die Entstehung von Kondensstr­eifen habe, sagt der Forscher. Es gebe derzeit keine Forschungs­szenarien, bei denen die Effekte untersucht werden können.

Von Wasserstof­ff lugzeugen gibt es ebenfalls bereits Konzepte wie das der N3-X (im Bild). Damit soll etwa eine Treibstoff-Einsparung von 70 Prozent möglich sein, wie die NASA erklärt.

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