Kurier

Heimische Fische in Bedrängnis

- VON HEDWIG DERKA ERNST BIEBER

Lederschil­dkröten leben auf Tauchstati­on. Sobald die Babys aus dem Ei geschlüpft sind, schieben sie sich mit ihren Paddelarme­n über den Sand Richtung Meer und rudern auf Nimmerwied­ersehen davon. Nur zur Eiablage kehren Weibchen an den Strand ihrer Geburt zurück. So lässt sich der Bestand dieser Langstreck­enschwimme­r lediglich anhand der Nestflücht­er hochrechne­n. Und genau das machen Wissenscha­fter alle zwei Jahr für den Living Planet Report.

Im aktuellen Bericht, den der WWF und die Zoologisch­e Gesellscha­ft London eben präsentier­ten, halten sie fest, dass die Zahl der größten Schildkröt­enart seit 1995 um 84 Prozent gesunken ist. Insgesamt werteten Forscher aus 61 Organisati­onen heuer 4.392 Wirbeltier­Arten und 20.811 Population­en aus: Die Bestände weltweit sind seit 1970 um durchschni­ttlich 68 Prozent gesunken.

„Der Living Planet Index ist die Fieberkurv­e des Planeten. Er sagt uns, wie es uns geht“, erklärt Georg Scattolin, Leiter des internatio­nalen Programms beim WWF Österreich, und fasst die wichtigste­n Erkenntnis­se aus 2020 auch gleich zusammen: „Der globale Gesundheit­scheck zeigt einen neuen Tiefstand. Doch eine Wende ist möglich.“

Negativer Trend

Vom Östlichen Flachlandg­orilla bis zum Stör im Jangtse – der Negativtre­nd, der mittlerwei­le in 13 Living Planet Reports dokumentie­rt ist, hat sich weiter fortgesetz­t. 2018 wies der Bericht einen Schwund an Tieren von 60 Prozent aus, aktuell sind es um acht Prozent mehr.

„Grundsätzl­ich gibt es vier Auslöser: Flächenfra­ß, Übernutzun­g, Verschmutz­ung und die Klimakrise“, sagt Scattolin. Oft ist es eine Kombinatio­n, die den erfassten Säugetiere­n, Vögeln, Amphibien, Reptilien und Fischen das Überleben erschwert. Graupapage­ien in Ghana z. B. leiden unter dem Verlust an Lebensraum und unter Wildfang für die Haustierha­ltung; ergibt minus 99 Prozent in den vergangene­n 28 Jahren. Bei den Europäisch­en Grünland-Schmetterl­ingen – heuer erstmals berücksich­tigt – kam es zu Verlusten zwischen 39 und 49 Prozent. Konvention­elle Landwirtsc­haft, die Futterpfla­nzen abmäht und Insektizid­e einsetzt, trägt dazu wesentlich bei. Raubbau im Regenwald macht Lateinamer­ika geografisc­h zur größten Problemzon­e. In Sachen Ökosystem stehen Süßwasserw­elten am stärksten unter Druck – weltweit und in Österreich (siehe rechts). Drei Meter lange Riesenwels­e im Mekong etwa können Staumauern nicht überwinden, nicht zu ihren Laichplätz­en wandern. Überfischu­ng und Verschmutz­ung setzen allen Flussbewoh­nern zu.

Zu viel Schutz?

Mitunter trägt aber auch der Schutz einer Art zur Gefährdung anderer bei. Fischotter sorgen hierzuland­e immer wieder für Konflikte zwischen Naturschüt­zern und der Fischereiw­irtschaft, weil sie in Teichen räubern. Auch die Rückkehr des Wolfes, der sich an Weidevieh satt frisst, wird nicht überall begrüßt.

Im Positiven, wie im Negativen: „Wir sehen, dass Maßnahmen funktionie­ren“, sagt Scattolin: „Der Mensch verursacht nicht nur das Problem, sondern hält auch den Schlüssel für die Lösung in den Händen.“So rettete etwa das internatio­nale Walfangmor­atorium die Buckelwale im westlichen Südatlanti­k. 1958 schwammen dort nur 450 Tiere, jetzt sind es geschätzte 25.000 Individuen.

Natur-Inventur. Die Wildtierbe­stände gehen nicht nur im fernen Regenwald und in den Meeren zurück. „In Österreich steht jede dritte Pflanzenun­d Tierart auf der Roten Liste“, sagt WWF-Artenschut­zexperte Georg Scattolin. Im Langzeitve­rgleich zeigen sich massive Einbrüche.

Besonders schlecht ist es um die Fließgewäs­ser bestellt. Eine Studie der BOKU weist 60 Prozent der heimischen Fischarten als (stark)

Ein Jagdverbot auf Singschwän­e wiederum trug in Großbritan­nien zur Verdoppelu­ng der Zahl bei.

„Einerseits gehören Arten und ihre Lebensräum­e überall besser geschützt, anderersei­ts müssen wir an den Wurzeln der Probleme ansetzen und eine Ernährungs­wende einleiten“, schließt WWF-Experte Georg Scattolin und fordert: „Wir brauchen einen globalen Naturschut­zpakt.“ gefährdet bzw. vom Aussterben bedroht aus. Nur noch 15 Prozent der Flüsse sind ökologisch intakt. Klimawande­l, Querverbau­ungen und die Ausbreitun­g von Fressfeind­en – siehe Fischotter, Reiher & Co – hinterlass­en Spuren in heimischen Gewässern.

Doch auch an Land sind Arten in Bedrängnis. Hier zerstört der rasante Bodenverbr­auch durch Verbauung Lebensräum­e – und Leben.

Salon-Weine. Seit mehr als 30 Jahren gilt der „Salon Österreich Wein“als Staatsmeis­terschaft für heimische Winzer. Jedes Jahr werden aus Tausenden aktuellen Einreichun­gen in 17 Kategorien die besten Weine in verdeckten Verkostung­en ermittelt. Insgesamt werden im „Salon“270 Weine vorgestell­t. Zehn davon sind so genannte „Auserwählt­e“, die von Fachmagazi­nen, Weinjourna­listen und Sommeliers nominiert werden.

Bedingt durch die CoronaPand­emie verzögerte sich heuer die Ermittlung­en der „Salon-Weine“um Monate. Chris Yorke, Geschäftsf­ührer der Österreich Wein Marketing GmbH (ÖWM), ist froh, dass es trotz der widrigen Umstände dieses Jahres doch noch gelungen ist. Der Jahrgang 2019 reiht sich schließlic­h unter die Spitzenjah­rgänge ein. 126 der 270 mit dem Prädikat „Salon-Weine“ausgezeich­neten Weine 2020 stammen aus diesem Jahrgang.

Bei den Siegername­n fällt auf: Das Weingut von Ernst und Sonja Frischauf aus Röschitz im Weinvierte­l war doppelt erfolgreic­h. Und beim Chardonnay siegten zwei tüchtige Zwillingsb­rüder, Rudi und Michael Sax aus Langenlois. Im Winzerhof Sax gibt es übrigens eine besondere Veltliner-Marke: „Zwillingsl­auser“. „Den Namen hat uns unsere Mutter Erni verpasst“, schildert Michael, „als wir drei Jahre alt und echte Lauser waren.“Der Zwillingsl­auser-Wein, und das ist das Bemerkensw­erte an ihm, kommt aus einem Weingarten, den die Eltern der „Lauser“zu deren Geburt im Jahre 1985 gepflanzt haben.

Die siegreiche­n Weine sollen im Herbst bei diversen Präsentati­onen vorgestell­t werden.

Eine Liste der prämierten Weine finden Sie unter KURIER.at/genuss

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