Harte Zeiten für Raser: Länder wollen deutlich höhere Strafen
Kontrollen sollen verstärkt werden, positiv für den Klimaschutz
Politik. Die Verkehrsreferenten der Bundesländer tagen in einer Woche. Ein wichtiger Punkt aus ihren Beratungen ist aber bereits durchgesickert.
Die Gemeinden wollen künftig selbst Radarkontrollen in ihren Ortsgebieten durchführen können. Damit wäre auch das Aufstellen von mobilen Radarboxen ebenso möglich wie
Geschwindigkeitskontrollen per Radarpistole. Aus Sicht der Gemeinden ist die Polizei mit ihren derzeitigen Aufgaben zu sehr belastet, um mehr Kontrollen durchführen zu können.
Auch eine Geldfrage
Dass auch eine deutliche Erhöhung der Strafen gefordert wird (die Rede ist von bis zu einer Verdoppelung), würde zusätzliches Geld in die Corona-bedingt besonders klammen Gemeindekassen spülen.
Dass eine gemäßigte Fahrweise auch klimaschonend wirkt, ist ein guter Nebeneffekt. Hauptgrund für die Forderung der Länder sind aber Sorgen über steigende Unfälle wegen immer mehr (vor allem junger) Raser.
Einen ersten Anlauf hatte der Gemeindebund bereits im Jahr 2015 unternommen. Da wollte man vom Verkehrsministerium, dass die Radarüberwachung im Ortsgebiet in die Hände der Gemeinden gelangt. Dafür lag bereits ein Gesetzesentwurf auf dem Tisch. Die Resonanz sei damals sogar positiv gewesen, umgesetzt wurde vom Ministerium allerdings nichts, heißt es aus dem Gemeindebund. Jetzt soll im Vorfeld eines Treffens der Verkehrslandesräte ein neuerlicher Versuch unternommen werden.
Derzeit ist es nur Kommunen mit einem eigenen Gemeindewachkörper erlaubt, gezielte Radarüberwachungen durchzuführen. Dieses Recht wollen nun alle Gemeinden, wie eine Umfrage unter 176 Bürgermeistern ergeben hat. 91 Prozent der Befragten hatten in diesem Zusammenhang berichtet, dass in der Bevölkerung die Beschwerden über Raser ständig mehr werden. Gleichzeitig sei die Polizei mit den „punktuellen Geschwindigkeitsmessungen“überlastet.
Aber genau das wäre der Wunsch der Kommunen: Vor Schulen und Kindergärten, in Seitenstraßen, auf Raserstrecken selbst aktiv zu werden. Das würde auch mehr Geld in die Gemeindekassen spülen, das sei aber nicht der eigentliche Grund. Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl, Bürgermeister im niederösterreichischen Grafenwörth: „Alle Maßnahmen zur Temporeduktionen oder Vorschläge zu höheren Strafen nützen nichts, wenn im Ortsgebiet bei Gefahrenstellen wie vor Schulen oder Kindergärten, etwa aus Personalmangel bei der Exekutive, nicht kontrolliert werden kann. Klar ist für uns: Gemeinden wissen am besten Bescheid, wo Gefahrenquellen sind, die nicht durch verkehrsberuhigende Maßnahmen zu beseitigen sind.“
Regierungsprogramm
Bestärkt fühlen sich die Gemeindevertreter durch das aktuelle Regierungsprogramm. Da ist dem Kapitel Verkehrssicherheit ein eigenes Kapitel gewidmet. Darin sind die
Ermöglichung von Temporeduktionen in Ortskernen, vor Schulen sowie an Unfallhäufungspunkten, die Ausarbeitung eines Verkehrssicherheitsprogramms und eine adäquate personelle Ausstattung der Exekutive enthalten. Außerdem steht die Temporeduktion im Klimaplan, den die Republik nach Brüssel geschickt hat.
Die Anmerkung des Gemeindebunds zu alldem: „Alle genannten Maßnahmen und Vorschläge, vor allem jene der ,Vision Zero‘ (Null Todesopfer) oder der Temporeduktion nützen nichts, wenn nicht flächendeckend kontrolliert wird. Vor allem dort, wo zu schnell gefahren wird. Das passiert in erster Linie im Ortsgebiet.“
Alfred Riedl dazu: „Für die Gemeinden ist die Geschwindigkeitsüberwachung ein sensibles und wichtiges Thema, weil es bislang keine praxistaugliche Handhabe gibt, etwas gegen Raser auf Gemeindestraßen zu unternehmen. Es geht den Gemeinden nicht ums Abkassieren, sondern um die Sicherheit unserer Bevölkerung.“
Grundsätzlich besteht ja bereits seit 2014 die Möglichkeit, dass Gemeinden mit der Exekutive bei der Kontrolle zusammenarbeiten. Das werde aber kaum in Anspruch genommen, da die Hürden zu groß seien und die Gemeinden kein Mitspracherecht haben.
Polizei ist skeptisch
Beim Gemeindebund argumentiert man damit, dass so die Polizei entlastet werden könnte. Dort reagiert man derzeit aber noch skeptisch. „Wenn alle Gemeinden in jeder 30er-Zone ein Radar aufstellen, dann werden die Bezirkshauptmannschaften zusätzliches Personal benötigen, um die Strafverfahren abzuwickeln“, heißt es aus dem Innenministerium. Die Polizei könne nicht dem Wunsch jeder Bürgerinitiative nachkommen und sich in Wohnsiedlungen hinter der Hecke mit der Laserpistole positionieren.
Gemäß der Gemeindebund-Umfrage unter den Bürgermeistern haben auf der anderen Seite nur 36 Prozent erklärt, dass sie mit der Überwachung durch die Polizei zufrieden sind. Im Gegensatz dazu sind 80 Prozent überzeugt, dass es einen massiven Bedarf an mehr Radarüberwachungen in den Ortschaften gibt.
„Für die Gemeinden ist die Überwachung der Geschwindigkeit ein sensibles und wichtiges Thema“ Alfred Riedl Gemeindebund