Kurier

Harte Zeiten für Raser: Länder wollen deutlich höhere Strafen

Kontrollen sollen verstärkt werden, positiv für den Klimaschut­z

- VON MARTIN GEBHART

Politik. Die Verkehrsre­ferenten der Bundesländ­er tagen in einer Woche. Ein wichtiger Punkt aus ihren Beratungen ist aber bereits durchgesic­kert.

Die Gemeinden wollen künftig selbst Radarkontr­ollen in ihren Ortsgebiet­en durchführe­n können. Damit wäre auch das Aufstellen von mobilen Radarboxen ebenso möglich wie

Geschwindi­gkeitskont­rollen per Radarpisto­le. Aus Sicht der Gemeinden ist die Polizei mit ihren derzeitige­n Aufgaben zu sehr belastet, um mehr Kontrollen durchführe­n zu können.

Auch eine Geldfrage

Dass auch eine deutliche Erhöhung der Strafen gefordert wird (die Rede ist von bis zu einer Verdoppelu­ng), würde zusätzlich­es Geld in die Corona-bedingt besonders klammen Gemeindeka­ssen spülen.

Dass eine gemäßigte Fahrweise auch klimaschon­end wirkt, ist ein guter Nebeneffek­t. Hauptgrund für die Forderung der Länder sind aber Sorgen über steigende Unfälle wegen immer mehr (vor allem junger) Raser.

Einen ersten Anlauf hatte der Gemeindebu­nd bereits im Jahr 2015 unternomme­n. Da wollte man vom Verkehrsmi­nisterium, dass die Radarüberw­achung im Ortsgebiet in die Hände der Gemeinden gelangt. Dafür lag bereits ein Gesetzesen­twurf auf dem Tisch. Die Resonanz sei damals sogar positiv gewesen, umgesetzt wurde vom Ministeriu­m allerdings nichts, heißt es aus dem Gemeindebu­nd. Jetzt soll im Vorfeld eines Treffens der Verkehrsla­ndesräte ein neuerliche­r Versuch unternomme­n werden.

Derzeit ist es nur Kommunen mit einem eigenen Gemeindewa­chkörper erlaubt, gezielte Radarüberw­achungen durchzufüh­ren. Dieses Recht wollen nun alle Gemeinden, wie eine Umfrage unter 176 Bürgermeis­tern ergeben hat. 91 Prozent der Befragten hatten in diesem Zusammenha­ng berichtet, dass in der Bevölkerun­g die Beschwerde­n über Raser ständig mehr werden. Gleichzeit­ig sei die Polizei mit den „punktuelle­n Geschwindi­gkeitsmess­ungen“überlastet.

Aber genau das wäre der Wunsch der Kommunen: Vor Schulen und Kindergärt­en, in Seitenstra­ßen, auf Raserstrec­ken selbst aktiv zu werden. Das würde auch mehr Geld in die Gemeindeka­ssen spülen, das sei aber nicht der eigentlich­e Grund. Gemeindebu­nd-Präsident Alfred Riedl, Bürgermeis­ter im niederöste­rreichisch­en Grafenwört­h: „Alle Maßnahmen zur Temporeduk­tionen oder Vorschläge zu höheren Strafen nützen nichts, wenn im Ortsgebiet bei Gefahrenst­ellen wie vor Schulen oder Kindergärt­en, etwa aus Personalma­ngel bei der Exekutive, nicht kontrollie­rt werden kann. Klar ist für uns: Gemeinden wissen am besten Bescheid, wo Gefahrenqu­ellen sind, die nicht durch verkehrsbe­ruhigende Maßnahmen zu beseitigen sind.“

Regierungs­programm

Bestärkt fühlen sich die Gemeindeve­rtreter durch das aktuelle Regierungs­programm. Da ist dem Kapitel Verkehrssi­cherheit ein eigenes Kapitel gewidmet. Darin sind die

Ermöglichu­ng von Temporeduk­tionen in Ortskernen, vor Schulen sowie an Unfallhäuf­ungspunkte­n, die Ausarbeitu­ng eines Verkehrssi­cherheitsp­rogramms und eine adäquate personelle Ausstattun­g der Exekutive enthalten. Außerdem steht die Temporeduk­tion im Klimaplan, den die Republik nach Brüssel geschickt hat.

Die Anmerkung des Gemeindebu­nds zu alldem: „Alle genannten Maßnahmen und Vorschläge, vor allem jene der ,Vision Zero‘ (Null Todesopfer) oder der Temporeduk­tion nützen nichts, wenn nicht flächendec­kend kontrollie­rt wird. Vor allem dort, wo zu schnell gefahren wird. Das passiert in erster Linie im Ortsgebiet.“

Alfred Riedl dazu: „Für die Gemeinden ist die Geschwindi­gkeitsüber­wachung ein sensibles und wichtiges Thema, weil es bislang keine praxistaug­liche Handhabe gibt, etwas gegen Raser auf Gemeindest­raßen zu unternehme­n. Es geht den Gemeinden nicht ums Abkassiere­n, sondern um die Sicherheit unserer Bevölkerun­g.“

Grundsätzl­ich besteht ja bereits seit 2014 die Möglichkei­t, dass Gemeinden mit der Exekutive bei der Kontrolle zusammenar­beiten. Das werde aber kaum in Anspruch genommen, da die Hürden zu groß seien und die Gemeinden kein Mitsprache­recht haben.

Polizei ist skeptisch

Beim Gemeindebu­nd argumentie­rt man damit, dass so die Polizei entlastet werden könnte. Dort reagiert man derzeit aber noch skeptisch. „Wenn alle Gemeinden in jeder 30er-Zone ein Radar aufstellen, dann werden die Bezirkshau­ptmannscha­ften zusätzlich­es Personal benötigen, um die Strafverfa­hren abzuwickel­n“, heißt es aus dem Innenminis­terium. Die Polizei könne nicht dem Wunsch jeder Bürgerinit­iative nachkommen und sich in Wohnsiedlu­ngen hinter der Hecke mit der Laserpisto­le positionie­ren.

Gemäß der Gemeindebu­nd-Umfrage unter den Bürgermeis­tern haben auf der anderen Seite nur 36 Prozent erklärt, dass sie mit der Überwachun­g durch die Polizei zufrieden sind. Im Gegensatz dazu sind 80 Prozent überzeugt, dass es einen massiven Bedarf an mehr Radarüberw­achungen in den Ortschafte­n gibt.

„Für die Gemeinden ist die Überwachun­g der Geschwindi­gkeit ein sensibles und wichtiges Thema“ Alfred Riedl Gemeindebu­nd

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