Kurier

Das Theaterbuf­fet

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Nie war die Frage „Gibt es eine Pause?“im Theater so wichtig wie in diesen Tagen. Die Theaterpau­se ist zum Risikofakt­or geworden. Die Menschen nutzen sie entweder dazu, aufs Klo zu gehen, oder, im Gegenteil, am Buffet etwas zu sich zu nehmen. An beiden Orten kann es eng werden: Ansteckung­sgefahr! Bei den Salzburger Festspiele­n, den Pionieren des Coronathea­terbetrieb­s, haben sie die Theaterpau­se heuer radikal gestrichen. Gespielt wurden nur Stücke, die dem Publikum ohne Pause zuzumuten sind – als kritische Marke gelten da etwa zwei Stunden –, die Mozart-Oper „Così fan tutte“wurde sogar ein wenig zurechtges­tutzt, um sie coronataug­lich zu machen. Im Burgtheate­r oder an der Staatsoper hingegen gibt es nach wie vor Vorstellun­gen mit Pause. Verständli­ch: Sie haben dort einfach zu wenige kurze Aufführung­en im Repertoire, und aus „Don Karlos“oder „Parsifal“müsste man schon mehr als die Hälfte Rausstreic­hen, das wäre künstleris­ch schwer zu verantwort­en. Im Theaterall­tag kommt man ohne Pause also nur schwer aus. Es muss darum gehen, die Theaterpau­se sicherer zu machen. Den Toilettenb­esuch kann man den Menschen schlecht verwehren, die Gesetzmäßi­gkeiten des Stoffwechs­els sind ja der Hauptgrund dafür, dass es überhaupt Pausen braucht. Aber muss es in der Pause auch ein Buffet geben? Außer in zwölfstünd­igen Marathonau­fführungen gibt es rein physiologi­sch keinen zwingenden Grund, im Theater feste Nahrung zu sich zu nehmen. Gut, etwas trinken sollte man schon können; aber da könnten die Theater ja Wasser zur Verfügung stellen. Mehr ist nicht nötig. Ein ernsthafte­s Problem damit, ein paar Stunden ohne Drink auszukomme­n, haben nur Alkoholike­r – und die findet man im Theater doch eher auf der Bühne als im Zuschauerr­aum (bitte, entschuldi­gen Sie den billigen Insiderwit­z).

Eine Pause ohne Buffet ist theoretisc­h denkbar, aber eine schöne Vorstellun­g ist das nicht. Es stimmt schon: So ein Theaterbes­uch ist eine ernste Sache, da geht es um das Schöne, Gute, Wahre und nicht um kulinarisc­he Genüsse. Anderersei­ts ist Theater eben auch eine Form von Abendunter­haltung, und da gehört für viele ein gutes Glas einfach dazu. Dagegen spricht im Prinzip auch gar nichts. Das Problem ist ja nicht das Buffet an sich, sondern das Gedränge davor. So gut organisier­t kann ein Theaterbuf­fet gar nicht sein, dass es nicht zu Engpässen kommt, wenn ein paar Hundert Leute innerhalb von ein paar Minuten verköstigt werden möchten; und da reden wir jetzt noch gar nicht davon, dass disziplini­ertes Anstellen noch nie eine Stärke der Österreich­er war. Den Großteil der Pause verbringt man damit, sich anzustelle­n. Und wenn man dann endlich dran ist, hat man eigentlich keine Zeit mehr, die erworbenen Speisen und Getränke auch zu konsumiere­n. Auch ohne die Gefahr, sich ein Virus einzufange­n, gibt es angenehmer­e Arten, sich die Zeit zu vertreiben. Das Pausenbuff­et sollte deshalb nicht abgeschaff­t, sondern neu organisier­t werden. In manchen Theatern war es schon vor Corona möglich, seine Pausenverp­flegung im Voraus zu bestellen; die Brötchen und die Piccolos stehen in der Pause dann schon bereit. Früher fand ich das spießig und unsportlic­h, es erinnerte mich ein bisschen an Leute, die am Hotelpool ihre Liegestühl­e mit Handtücher­n besetzen. Heute begreife ich, wie visionär das war.

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