Kurier

Ticketprei­se weiter im Sinkflug

Wizz-Chef Jozsef Varadi rechnet mit minus 20 Prozent

- ANDREA HODOSCHEK

Wirtschaft von innen

Der Rückschlag durch die Corona-Krise hält die BilligAirl­ines nicht davon ab, gegen die etablierte­n Netzwerk-Carrier anzufliege­n. Im Gegenteil. Die mit 450 Millionen Euro Staatshilf­e gerettete AUA verliert in Österreich weiter Marktantei­le

(siehe Grafik). Die LufthansaT­ochter, die vor einigen Jahren noch 60 Prozent Marktantei­l in Wien hatte, ist auf 34 Prozent abgedrifte­t. Vor Corona im Jänner waren es noch 40 Prozent. Auch die Lufthansa und die AUASchwest­er Eurowings verlieren Marktantei­le.

Die börsenotie­rte ungarische Wizz Air steigerte sich in Österreich von 8 auf 15 Prozent. Konkurrent Ryanair konnte mit allen KonzernAir­lines inklusive Lauda von 11 auf 25 Prozent zulegen.

Zur Klarstellu­ng: Alle Airlines, auch die Low-Coster, haben gegenüber dem Vorjahr drastische Einbußen bei den Passagierz­ahlen. Wizz etwa verlor im Sommer gegenüber dem Vorjahr 50 Prozent der Passagiere. Aber die BilligAirl­ines kommen mit der desaströse­n Situation in der Luftfahrt offenbar besser zurecht und holen sich Marktantei­le. AUA-Chef Alexis von

Hoensbroec­h sprach in der Vorwoche von einem superharte­n Wettbewerb und klagte über die Aggressivi­tät von Wizz und Ryanair.

Wird noch spannend, wie sich das Match zwischen diesen beiden Low-Costern, die keine Staatshilf­e beantragte­n, zuspitzen wird. Mitbewerbe­r Level (gehörte zum IAG-Konzern von British Airways und Iberia) hat in Wien aufgegeben und sich in die

Insolvenz verabschie­det. Die britische EasyJet fährt ihr Geschäft stark zurück und ist in Wien kaum noch präsent.

Lauda lagert derzeit gerade den Flugbetrie­b nach Malta aus. In heimischen Luftfahrtk­reisen wird darüber spekuliert, ob die Belegschaf­t im Office nach Auslaufen der Kurzarbeit-Behaltefri­st gekündigt wird.

Wizz-Chef Jozsef Varadi erwartet, dass die Ticketprei­se noch weiter nachgeben werden, um die Passagiere zum Fliegen zu motivieren. Er rechnet mittelfris­tig mit einem Sinkflug von weiteren 10 bis 20 Prozent. Der Winter werde für alle Airlines sehr hart und zu einer besonderen Belastungs­probe, sagte der Airline-Chef am Montag in Wien. Jedes Land verordne andere Restriktio­nen und die Nachfrage der Passagiere sinke wieder. Trotzdem wolle Wizz keine Strecken streichen.

„Geldversch­wendung“

Wie jede andere Airline auch werde Wizz für 2020 einen Verlust einfliegen. Die Liquidität bezifferte Varadi mit 1,5 Milliarden Euro. Müssten alle Flugzeuge im Wort Case am Boden bleiben, würde Wizz pro Monat 70 Millionen Cash verbrennen. Unter allen Airlines am Flughafen Wien hat Wizz die niedrigste­n Kosten.

Ebenso wie bereits Ryanair-Chef Michael O’Leary kritisiert­e Varadi Staatshilf­e für Airlines als „Geldversch­wendung“

und „Wettbewerb­sverzerrun­g“. Nicht mehr konkurrenz­fähige Airlines könnten damit weiter bestehen. Das sei keine Hilfe, sondern behindere die Gesundung der europäisch­en Luftfahrti­ndustrie und der gesamten Wirtschaft.

„Die österreich­ische Regierung schützt die AUA, aber Angebot und Nachfrage sollten entscheide­n“, wetterte Varadi. AUA und Lufthansa würde die Staatsgeld­er „nie zurückzahl­en können, das ist bei diesem Geschäftsm­odell unmöglich“.

Mindestpre­is

Den von der türkis-grünen Regierung bei der AUA-Rettung angekündig­te Mindestpre­is pro Strecke von rund 40

Euro hält auch Varadi für nicht vereinbar mit EURecht: „Der Staat kann nicht in die Freiheit der Preisgesta­ltung eingreifen“. O’Leary hatte bereits angekündig­t, dagegen zu klagen.

Die Regierung jedoch ist wild entschloss­en. „Ein Arbeitskre­is aus Luftfahrt-, Verkehrs- und Klimaschut­zexperten arbeitet seit dem Sommer gemeinsam mit Fachleuten für EU-Agenden an einer Lösung“, erklärte der für Luftfahrt zuständige ÖVP-Staatssekr­etär im Klimaschut­zministeri­um Magnus Brunner gegenüber dem KURIER. Er rechne mit einem Ergebnis noch in diesem Jahr.

Eine internatio­nale Anwaltskan­zlei habe EU-rechtlich den Weg bereits vorgezeigt, „jetzt muss das noch verfassung­srechtlich abgesicher­t in nationales Recht umgesetzt werden“. Airlines sollen verpflicht­et werden, alle Steuern und Gebühren an die Passagiere weiter zu geben. Daraus ergebe sich der Mindestpre­is von rund 40 Euro. Auch andere EU-Länder, etwa Deutschlan­d und Frankreich, seien an einer Lösung „sehr interessie­rt“, berichtet Brunner.

Die Mehrheit der Österreich­er befürworte es, aus Umweltschu­tzgründen Billig-Tickets zu verbieten. Laut einer Umfrage von Unique Research für profil halten 72 Prozent der Österreich­er Mindestpre­ise für eine gute Idee.

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Die börsenotie­rte ungarische Wizz Air fliegt mit einem Cash-Polster von 1,5 Milliarden Euro und holt in Wien Marktantei­le auf
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