Kurier

Romantisch­es Abenteuer in Wien

Charlie Chaplin traf hier dereinst ein „sehr schönes Mädchen“

- GEORG MARKUS georg.markus@kurier.at

Man empfing ihn wie einen König, als Charlie Chaplin nach Wien kam, um seinen neuen Film „Lichter der Großstadt“vorzustell­en. Tausende Menschen pilgerten an diesem 17. März 1931 zum FranzJosef­s-Bahnhof.

Die Wiener hatten aber auch allen Grund, neugierig zu sein, wie’s dem „Tramp“ging. Denn Chaplin war von seiner zweiten Frau Lita Grey geschieden worden und befand sich, wie man allerorten hörte, in einer seelischen Krise. Doch davon merkte man nichts, denn Charlie war bester Laune und ließ sich von den Wienern ausgiebig feiern.

Der größte Filmstar

Vor dem Hotel Imperial kletterten die Schaulusti­gen auf Bäume, um den größten Filmstar seiner Zeit aus der Nähe sehen – und zum ersten Mal auch hören – zu können. Denn obwohl der Tonfilm bereits erfunden war, drehte Chaplin nach wie vor stumm. Die einzigen Worte, die er in ein Wiener Mikrofon sprach, enttäuscht­en ein wenig, denn er sagte nur: „Guten Tak! Guten Tak!“Dann drehte er sich um und ging seines Weges.

Abends besuchte Chaplin die Oper. Als er seine Loge betrat, setzte im ganzen Haus stürmische­r Applaus ein.

Am nächsten Tag wurde er am Graben von einer Menschenme­nge umringt, die ihn vor einem Grammophon­geschäft entdeckt hatte. Eine junge Dame schlich sich indes in sein Hotelappar­tement, angeblich, um den 42-jährigen Hollywoods­tar von ihren schauspiel­erischen Qualitäten zu überzeugen. Ob es sich dabei um jene Schönheit handelte, über die er in seinen Memoiren schreibt, ist nicht bekannt: „Ich fuhr nach Wien. An diesen Aufenthalt erinnert mich ein romantisch­es Abenteuer mit einem sehr schönen Mädchen. Wir schworen uns leidenscha­ftlich Liebe und Treue und küssten uns zum Abschied, wenn wir auch wussten, dass wir uns nie wiedersehe­n würden.“

Chaplin und Hans Moser

Chaplin war 1931 nicht das erste Mal in Wien, er hatte hier schon sieben Jahre zuvor Zwischenst­ation gemacht. Damals besuchte er die Ronacher-Revue „Wien gib acht!“, in der Hans Moser als Pompfünebe­rer auftrat, der in einer Wohnung die sterbliche­n Überreste eines soeben verblichen­en Mannes abholen soll, sich aber im Stockwerk irrt und statt in die Trauergese­llschaft in eine lustige Hochzeitsr­unde gerät. Chaplin war von dem Sketch so beeindruck­t, dass er beim Autor Karl Farkas die Rechte kaufte, um ihn in Hollywood zu verfilmen.

Später sagte Charlie Chaplin: „Ich habe den Film nie gedreht. Denn ich habe Hans Moser gesehen und wusste, dass das niemand auf der Welt so spielen kann wie er.“

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Spurensuch­e.
Die Impfrate soll auf 24 Prozent verdreifac­ht werden. So will die Stadt zudem das Gesundheit­ssystem während der Pandemie entlasten Spurensuch­e.
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„Guten Tak!“: Chaplin inmitten seiner Fans , März 1931 in Wien
„Spurensuch­e. Neue Geschichte­n aus Österreich“,
Lesen Sie morgen: Die Tragödie von Sisis Schwester „Guten Tak!“: Chaplin inmitten seiner Fans , März 1931 in Wien „Spurensuch­e. Neue Geschichte­n aus Österreich“,
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