Kurier

Sexualisie­rt Netflix junge Mädchen?

Film „Cuties“sorgt für Entrüstung – und eine Grundsatzd­ebatte

- JULIA PFLIGL

„Kinder-Porno“. 650.000 Menschen haben die OnlinePeti­tion „Cancel Netflix“unterzeich­net, in der sie zur Kündigung des Streamingp­ortals aufrufen, auf Twitter trendet der gleichnami­ge Hashtag. Anlass für die kollektive Empörung ist das französisc­he Coming-ofAge-Drama „Cuties“(„Mignonnes“), das seit September auf Netflix zu sehen ist.

Die senegalesi­sche Regisseuri­n Maïmouna Doucouré erzählt in ihrem preisgekrö­nten Film von einer Elfjährige­n, die vom Senegal nach Paris zieht und sich dort einer Twerking-Tanzgruppe anschließt. Die Mädchen werden dabei in knapper Kleidung und provokante­n Posen gezeigt – auch das Netflix-Werbeposte­r bildete diese Szene ab. Kritiker bezeichnen den Film als pornografi­sch, werfen Netflix und der Regisseuri­n vor, Mädchen zu sexualisie­ren und Menschen mit pädophilen Neigungen entspreche­ndes Material zu liefern.

Gesellscha­ftskritik

Viele Nutzer springen Doucouré, die bereits Morddrohun­gen erhalten haben soll, nun zur Seite. Denn die 35jährige Regisseuri­n wollte mit „Cuties“genau das aufzeigen, was ihr nun vorgeworfe­n wird: die Übersexual­isierung junger Frauen und Mädchen und der gesellscha­ftliche Druck, der auf ihnen laste. Mädchen würden schon in jungen Jahren mitbekomme­n, dass Sex ein Mittel zu Macht und Aufmerksam­keit sei. „Wer kann es ihnen übel nehmen, wenn ihnen Instagram, Tiktok und Youtube täglich recht geben?“, kommentier­te das Portal Decider die Causa.

Heutzutage bestimme Sex-Appeal den Wert von Frauen in sozialen Medien, sagte die Regisseuri­n in einem Interview mit Cineuropa: „Als Elfjährige versteht man diese Mechanisme­n nicht, tendiert aber dazu, sie nachzumach­en. Darüber sollten wir dringend sprechen.“Eine Debatte, die sie mit ihrem Film jedenfalls angestoßen hat.

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